Neuromuskuläre Elektrostimulation: Sensoren-Handschuh verbessert Schlaganfall-Reha

Cleveland – Ein Sensoren-Handschuh, der die Bewegungen der nicht gelähmten Hand registriert und in neuromuskuläre Impulse für die gelähmte Hand umsetzt, hat in einer randomisierten klinischen Studie in Stroke (2016; doi: 10.1161/STROKEAHA.116.013791) die Rehabilitation von halbseitig gelähmten Patienten nach Schlaganfall verbessert.
Viele Rehazentren bieten Schlaganfallpatienten eine neuromuskuläre Elektrostimulation (NMES) an. Dabei werden über Elektroden auf dem Unterarm die Muskeln der Hand bewegt. Die Übungen verhindern, dass die Muskulatur sich zurückbildet, und sie motivieren den Patienten, die Hand wieder willkürlich zu bewegen. Das soll die Plastizität des Gehirns fördern, durch die nicht geschädigte Hirnanteile die Fähigkeiten der durch Schlaganfall zerstörten Areale übernehmen sollen.
Die Bewegungen bei der NMES sind ungezielt. Die Patienten wiederholen, sobald das Gerät eingeschaltet ist, immer die gleichen Bewegungen. US-Forscher haben eine neue Variante dieser Rehamethode entwickelt, die sie als kontralateral-kontrollierte funktionale Elektrostimulation (CCFES) bezeichnen. Bei der CCFES kommen die Bewegungsbefehle nicht (nur) aus dem Steuergerät des NMES. Der Patient trägt vielmehr auf der gesunden Seite einen Handschuh.
Dort messen zahlreiche Elektroden die Bewegungen und melden sie an das Steuergerät, das dann die passenden neuromuskulären Signale an die paretische Hand weiterleiten. Die Patienten können dann mit der nicht gelähmten Hand Bewegungen der gelähmten Hand auslösen. Dies soll, so die Erfinder, die Reorganisation der Bewegungsprogramme im Gehirn beschleunigen und damit auf Dauer die Rehaergebnisse verbessern.

An der Case Western Reserve University School of Medicine in Cleveland, Ohio, wurden beide Varianten einem direkten Vergleich unterzogen. Ingesamt 80 Schlaganfall-Patienten mit einer Hemiparese wurden auf ein 12-wöchiges Training mit einer der beiden Varianten der neuromuskulären Elektrostimulation randomisiert. Die Teilnehmer beider Gruppen trainierten zehn Stunden die Woche allein plus drei Stunden zusammen mit einem Ergotherapeuten. Am Ende wurde die Geschicklichkeit der paretischen Hand mit dem „Box and Blocks Test“ untersucht. Dabei müssen die Teilnehmer innerhalb von 60 Sekunden möglichst viele Klötze mit der paretischen Hand greifen und in eine Schachtel legen.
Wie das Team um Jayme Knutson berichtet, schafften die Patienten, die mit der neuen CCFES trainiert hatten, im Durchschnitt 4,6 Blöcke. In der Vergleichsgruppe mit konventioneller NMES waren es nur 1,8 Klötze. Die größten Fortschritte machten Patienten, deren Schlaganfall weniger als zwei Jahre zurücklag und die noch eine Restbeweglichkeit der Finger hatten.
Sie schafften mit den CCFES 9,6 Klötze gegenüber 4,1 Klötzen mit der NMES. Aber auch die Patienten, die nach dem Schlaganfall zunächst keine Finger bewegen konnten, verbesserten sich. Insgesamt waren 97 Prozent der Patienten davon überzeugt, dass die CCFES die Beweglichkeit ihrer Hand verbessert hat.
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