Politik

Nobelpreise in Stockholm und Oslo überreicht

  • Montag, 11. Dezember 2017
Beatrice Fihn (rechts, Ican) and die Ican-Aktivistin und Überlebende des Atombombenabwurfs auf Hiroshima, Setsuko Thurlow, nahmen den Preis in Oslo entgegen. /dpa
Beatrice Fihn (rechts, Ican) and die Ican-Aktivistin und Überlebende des Atombombenabwurfs auf Hiroshima, Setsuko Thurlow, nahmen den Preis in Oslo entgegen. /dpa

Stockholm/Oslo – Die Preisträger waren bekannt, nun sind die Nobelpreise unter anderem in Medizin, Physik und in Chemie in Stockholm sowie der Friedensnobelpreis in Oslo übergeben worden. Die Preise werden traditionell am Todestag des Stifters Alfred Nobel (1833-1896) verliehen. Sie sind mit neun Millionen schwedischen Kronen (rund 900.000 Euro) dotiert.

Für die Erforschung der Inneren Uhr nahmen die US-Amerikaner Jeffrey Hall, Michael Rosbash und Michael Young den Medizin-Nobelpreis entgegen. Mit dem Preis in Chemie wurden der Schweizer Jacques Dubochet, der Deutsch-Amerikaner Joachim Frank und der Brite Richard Henderson für die Entwicklung der Kryo-Elektronen­mikroskopie ausgezeichnet. Den Nobelpreis in Physik überreichte König Carl XVI. Gustaf den US-Amerikanern Rainer Weiss, Barry Barish und Kip Thorne für den Nachweis der Gravitationswellen.

Zuvor hatte die Anti-Atomwaffenkampagne Ican in Oslo den Friedensnobelpreis erhalten. Damit wurde auch die Ärzteorganisation der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW), die Ican mitgegründet haben und 1985 selbst den Friedensnobelpreis erhielten, zum Preisträger. „Diese Auszeichnung kommt genau im richtigen Moment und ermutigt uns, Widerstand zu leisten und Atomwaffen sofort zu ächten“, sagte Sascha Hach aus dem Vorstand von Ican Deutschland. Er forderte die Bundesregierung auf, endlich das internationale Atomwaffenverbot zu unterzeichnen.

Im Juli dieses Jahres haben 122 Staaten bei den Vereinten Nationen einen Vertrag zum Verbot aller Atomwaffen beschlossen. Ican kämpft seit der Gründung vor etwa zehn Jahren für ein solches Abkommen. Für diese Bemühungen gab es nun den Friedensnobelpreis. Seit dem 20. September 2017 liegt der Vertrag in New York zur Unterzeichnung aus, 56 Länder haben bereits unterschrieben. Die Atommächte sowie alle NATO-Staaten boykottieren dieses Abkommen bislang.

„Durch die Existenz von Atomwaffen droht uns jeden Tag eine humanitäre Katastrophe. Selbst ein regionaler Atomkrieg würde die gesamte Menschheit massiv betreffen“, sagte der IPPNW-Vorsitzende Alex Rosen. Daher sei nicht nur der Einsatz dieser Massenvernichtungswaffen absolut inakzeptabel, sondern auch die Androhung ihres Einsatzes, ihre Stationierung und ihr Besitz. „Die große Mehrheit der Staaten­gemeinschaft hat dies nun anerkannt und mit einem völkerrechtlich bindenden Verbotsvertrag reagiert“, erklärte Rosen.

Mit ihrer Ablehnung des Atomwaffenverbots weicht die Bundesregierung von der Mehrheitsmeinung in Deutschland ab. In einer YouGov-Umfrage fordern 55 Prozent den Beitritt zum UN-Abkommen, nur 23 Prozent sind dagegen. Noch deutlicher ist die Haltung zu den Atomwaffen in Deutschland. 61 Prozent sind für ihren Abzug. Nur 18 Prozent der Befragten meinen, sie sollten bleiben.

Die Abzugs-Debatte ist schon einige Jahre alt. 2009 setzte der damalige FDP-Chef Guido Westerwelle in den Koalitionsverhandlungen mit der Union durch, dass sich die schwarz-gelbe Regierung „im Bündnis sowie gegenüber den amerikanischen Verbündeten dafür einsetzen (wird), dass die in Deutschland verbliebenen Atomwaffen abgezogen werden“. Als Außenminister vertrat Westerwelle diese Position zwar weiter, wurde aber schnell von seiner US-Kollegin Hillary Clinton und vom Kanzleramt ausgebremst. Auch ein Bundestagsbeschluss von 2010 im Sinne des Koalitionsvertrags blieb folgenlos.

Das Thema verschwand wieder – bis zum Bundestagswahlkampf 2017. Dabei ergab sich eine neue Konstellation. FDP-Chef Christian Lindner kassierte die Westerwelle-Position ein und sprach sich angesichts einer neuen Bedrohungslage für den Verbleib der Atomwaffen in Deutschland aus. Grüne und Linke fanden aber einen neuen, mächtigeren Mitstreiter für den Abzug: SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz. Mit Hinweis auf die nuklearen Rüstungspläne Trumps versprach er im August auf einer Wahlkampfveranstaltung in Trier, er wolle sich dafür einsetzen, dass in Deutschland gelagerte Atomwaffen „aus unserem Lande abgezogen werden“.

Das Thema könnte in möglichen Verhandlungen über eine neue große Koalition eine Rolle spielen. Ohne das Einverständnis der Nato und der USA ist ein Abzug aber kaum vorstellbar.

dpa/may

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