Nordrheiner Hausärzte drängen auf Reform der Notfallversorgung

Köln – Die Rufe nach einer grundlegenden Reform der Notfallversorgung werden immer lauter. Als „grotesk“ bezeichnete der stellvertretende Vorsitzende des Hausärzteverbandes Nordrhein, Oliver Funken, jetzt die aktuellen Zustände der Notaufnahmen in Bonner Krankenhäusern. „Der Individualismus in einem solidarisch finanzierten Gesundheitssystem hat dazu geführt, dass jeder meint, er könne frei über die gesamten Ressourcen des Gesundheitswesens für seine Erkrankung verfügen“, kritisierte Funken.
Bei der Diskussion geht es bekanntlich nicht um die eigentlichen Notfallpatienten, sondern um solche, die in der Notaufnahme erscheinen und sich dort betreuen lassen, obwohl sie keine Notfälle sind. Diese Patienten könnten von Praxisärzten betreut werden oder – außerhalb der Praxisöffnungszeiten – den ambulanten Bereitschaftsdienst in Anspruch nehmen. Funken warnt, die Entwicklung treibe nicht nur die Kosten in die Höhe, sondern binde auch Ressourcen, die an anderer Stelle nicht zur Verfügung stünden – im ungünstigsten Fall für echte Notfälle.
Auch der neue Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein, Frank Bergmann, hatte vor einigen Tagen einen Missbrauch des Notdienstes kritisiert. Die Zahl der Patienten, die den ärztlichen Notdienst in der Region Nordrhein in Anspruch nähmen, steige stetig an, sagte er der Rheinischen Post. Dabei sei längst nicht jeder, der den Notdienst aufsuche, auch ein medizinischer Notfall, so Bergmann.
Funken forderte jetzt eine striktere Patientensteuerung. „Wenn man den Leistungsstandard indikationsbezogen, das heißt, die richtige Leistung beim richtigen Krankheitsbild, in Deutschland halten will, muss man ein Primärarztsystem mit einer einheitlichen Triagierung des gesamten Versorgungssystems einführen“, so der stellvertretende Vorsitzende des Nordrheiner Hausarztverbandes.
Eine sogenannte Triage für die Notfallversorgung hält auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) für unabdingbar. Gemeint ist damit eine Zuteilung der Patienten zu den entsprechenden für ihren Fall passenden Versorgungsstrukturen. Der Vorstandsvorsitzende der KBV, Andreas Gassen, forderte eine gemeinsame Planung von Notfallkapazitäten sowie ambulante Anlaufstellen an wichtigen Krankenhausstandorten, die immer besetzt und unabhängig vom Krankenhausträger betrieben würden. In diesen Portalpraxen müsse die Triage stattfinden, so der KBV-Chef.
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