Politik

Notfallversorgung: Grüne preschen vor, Regierungskoalition will zeitnah eigenen Entwurf vorlegen

  • Donnerstag, 16. Oktober 2025
/picture alliance, Sebastian Gollnow
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Berlin – Die Notwendigkeit von umfassenden Optimierungen bei der Notfallversorgung sowie des Rettungsdienstes wird von allen Parteien im Bundestag gesehen. Dies wurde heute im Rahmen einer Debatte anlässlich der Vorlage eines Gesetzentwurfs „zur Reform der Notfallversorgung und des Rettungsdienstes“ (21/2214) der Grünen deutlich. Offen blieb aber zunächst der Weg hin zu einer solchen Reform.

Hans Theiss (CSU) bezeichnete den Vorstoß der Grünen als „billige Effekthascherei“ – man werde mit gebotener Gründlichkeit „zeitnah“ seitens der Regierungskoalition einen eigenen Gesetzentwurf vorlegen.

Janosch Dahmen, gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, hatte zuvor betont, dass eine Reform der „dysfunktionalen Notfallversorgung“ überfällig sei. „Dass die Bundesregierung trotz beschlussreifer Vorlagen bis heute keinen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt hat, grenzt an politische Arbeitsverweigerung“, sagte Dahmen dem Deutschen Ärzteblatt.

„Wir stehen inzwischen vor der paradoxen Situation, dass jeder achte Euro unseres Bruttoinlandsprodukts in die Gesundheitsversorgung fließt – bei zugleich sinkender Effizienz und wachsenden Qualitätsdefiziten.“ Besonders deutlich werde das in der Notfallversorgung: ein System ohne klare Steuerung, mit überfüllten Notaufnahmen, unnötigen Patientenverlegungen und überlastetem Personal.

Eine konsequente Notfall- und Rettungsdienstreform könne bis zu 30 Millionen Krankenhausbelegungstage vermeiden – das entspreche Einsparungen von rund fünf Milliarden Euro jährlich, so Dahmen. Angesichts der angespannten Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wäre es „unverantwortlich, dieses Potenzial weiter liegenzulassen“.

Man müsse dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) „ein bisschen Zeit“ für weitere Gespräche mit den Bundesländern geben, sagte Tanja Machalet (SPD), Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, in der Bundestagsdebatte.

Zwar enthalte der Grünen-Entwurf „viele gute Ansätze“, man brauche aber für eine erfolgreiche Umsetzung eine Zusammenarbeit mit den Ländern. Sie erwarte nun gespannt den angekündigten Gesetzentwurf des BMG.

Auch Hendrik Streeck (CDU) sprach von „einigen guten Elementen“ im Entwurf der Oppositionspartei. Insgesamt sei die Vorlage aber „nicht zu Ende gedacht“. Wie schon Machalet verwies er auf die notwendige Zusammenarbeit mit insbesondere den Bundesländern, aber auch weiteren Akteuren wie Kliniken und Kassenärztliche Vereinigungen (KVen). Man werde ein „gutes Gesetz“ erarbeiten, zeigte sich Streeck zuversichtlich.

Ähnlich wie Dahmen äußerte sich Jan Köstering (Linke), der den Grünen für die Gesetzesinitiative dankte. Eine Reform sei überfällig, die Missstände überdeutlich.

Der Gesetzentwurf der Grünen sieht unter anderem eine eigenständige und auskömmliche Vorhaltefinanzierung der Notfallversorgung entlang des Notfallstufenmodells des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vor, die Stärkung der 116117 als zentrale Steuerungsstelle sowie den Aufbau gemeinsamer Notfalltresen an Kliniken.

Zudem soll der gesetzliche Rahmen für die Finanzierung der Leistungen des Rettungsdienstes neugestaltet werden. Die rettungsdienstliche Notfallbehandlung soll als eigenständiger Leistungsbereich der GKV differenzierter geregelt und so insbesondere vermeidbare Transporte und medizinisch nicht sinnvolle stationäre Krankenhausaufenthalte deutlich reduziert werden.

Im Anschluss an die rund einstündige Aussprache wurde der Gesetzentwurf zur weiteren Beratung an den federführenden Gesundheitsausschuss überwiesen.

aha

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