Politik

Nur selten Falschdiagnosen beim Mammo­graphie-Screening

  • Montag, 11. Juli 2016
Uploaded: 11.07.2016 13:42:16 by maybaum
/dpa

Berlin – Verschiedene internationale Publikationen haben in den letzten Jahren den Nutzen des Mammographie-Screenings infrage gestellt. Insbesondere durch Überdiagnosen schien der Nutzen des Screenings nicht sicher. Dies können beteiligte Ärzte nun ausräumen: Falschdiagnosen gibt es zwar – aber sie sind selten, teilte die Kooperationsgemeinschaft Mammographie heute mit.

Demnach wird bei 6 von 1.000 Frauen zwischen 50 und 70 Jahren durch sys­te­­matische Röntgenuntersuchungen Brustkrebs entdeckt. Drei Prozent der regelmä­ßi­gen Teilnehmerinnen erhalten eine falsche Tumordiagnose. Damit liegt Deutschland nach Aussagen der Kooperationsgemeinschaft bei den falsch-positiven Befunden unter dem Grenzwert der Europäischen Leitlinien von fünf Prozent. Die neuen Ergebnisse beruhen auf dem jüngsten Qualitätsbericht des Screenings für 2013.

Von rund 2,9 Millionen untersuchten Frauen, die der Einladung zum Screening folgten, erhielten nach den jüngsten Zahlen 17.430 die Diagnose Brustkrebs. Allerdings wurden zuvor fast 129.000 Frauen erneut eingeladen, weil mindestens ein geschulter Arzt den Befund auffällig fand. „Das Mammographie-Screening steht immer wieder wegen ver­meintlich vieler Falschdiagnosen in der Kritik“, sagte Vanessa Kääb-Sanyal, Leiterin der Geschäftsstelle der Kooperationsgemeinschaft Mammographie. Ärzte im Screening müs­sten jedoch jedem begründeten Verdacht nachgehen, um kein Karzinom zu übersehen.

Die Aufforderung zur Abklärung ist für viele Frauen ein Schock. Bei zwei Dritteln von ihnen konnten Ärzte 2013 aber schon nach kurzer Zeit durch weitere Untersuchungen, zum Beispiel mit Ultraschall, Entwarnung geben. Bei rund 35.000 Frauen blieb der Ver­dacht jedoch weiter bestehen. Nur ihnen wurde die Entnahme einer Gewebeprobe durch eine Mini-Operation empfohlen. Rund die Hälfte erhielt danach die Diagnose Brustkrebs.

Beim Screening würden heute 75 bis 80 Prozent der Brustkrebserkrankungen entdeckt, erläuterte Corinna Heinrich, Sprecherin der Kooperationsgemeinschaft. Dass es nicht 100 Prozent sein können, liege vor allem daran, dass Tumore auch zwischen den Unter­suchungen im Abstand von zwei Jahren wachsen könnten. Und sie könnten auch über­sehen werden.

Bei Frauen sind Karzinome in der Brust die häufigste Krebsart – und entsprechend gefürchtet. Nach den jüngsten Zahlen für 2012 gab es in Deutschland rund 70.000 Neuerkrankungen, 17.750 Frauen starben.

Das Screening-Verfahren, das zwischen 2005 und 2009 flächendeckend in Deutschland eingeführt wurde, ist mit Blick auf Kosten und Nutzen nicht unumstritten. Denn sichere Ergebnisse, ob Frauen durch das Verfahren wirklich einen Überlebensvorteil haben, können frühestens nach 10 Jahren vorliegen. Dafür wären Teilnehmeraten von 70 Pro­zent wünschenswert, in Deutschland liegen sie im Moment bei 57 Prozent. Oft haben Frauen Angst vor der Untersuchung – sie ist nicht ganz schmerzlos.

Nach den Statistiken des Robert Koch-Instituts (RKI) stiegen die Brustkrebs-Neuerkran­kungsraten in Deutschland seit 2005 zunächst sprunghaft an. Seit 2009 sind sie leicht rückläufig. Das deute darauf hin, dass in der ersten Phase des Programms viele Tumore deutlich früher entdeckt wurden als ohne Screening, heißt es im RKI-Zentrum für Krebs­registerdaten.

Fest steht auch schon, dass Tumore in der Altersgruppe der 50- bis 70-Jährigen durch das Screening in einem früheren und kleineren Stadium entdeckt werden als vor Beginn der Reihenuntersuchung. Das kann die Chancen erhöhen, dass Frauen bei Operationen ihre Brust behalten können und der Krebs noch nicht gestreut hat.

Trotz gestiegener Erkrankungszahlen sterben heute weniger Frauen an Brustkrebs als noch vor zehn Jahren, heißt es beim RKI. Die Überlebenschancen hätten sich vor allem durch Fortschritte in der Therapie deutlich verbessert. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wür­den beim Screening aber auch einige Tumore diagnostiziert, die sonst lebenslang uner­kannt geblieben wären und keine Beschwerden verursacht hätten.

dpa

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