Politik

Nur wenige Studien zum Biologika-Vergleich in der Rheumatherapie

  • Montag, 11. Juni 2018
Muskelkaterartige Schmerzen treten vor allem im Schulter- und Beckengürtel, Oberarmen und Oberschenkeln auf/psdesign1, stockadobecom
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Köln – Es gibt nur wenig Studien, die den Einsatz unterschiedlicher Biologika in der Rheumabehandlung vergleichend untersuchen. Zu diesem Ergebnis gelangt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in einem Vorbericht. „Für drei der im Bericht unterschiedenen Therapiesituationen lassen sich Anhaltspunkte für Vor- oder Nachteile einzelner Wirkstoffe gegenüber anderen Biologika ermitteln – allerdings nur in wenigen patientenrelevanten Endpunkten“, berichten die IQWiG-Wissenschaftler. 

Medikamentengruppen

Zur medikamentösen Behandlung der rheumatoiden Arthritis können Ärzte unter anderem erkrankungsmodifizierende Antirheumatika (Disease-Modifying Antirheumatic Drugs, DMARD) einsetzen. Anders als Entzündungshemmer können sie in den Erkrankungsmechanismus selbst eingreifen. Biotechnologisch hergestellte DMARD (bDMARD), sogenannte Biologika, werden aus Zellkulturen gewonnen. Sie greifen an verschiedenen Stellen des Entzündungsprozesses an. Die meisten hemmen den sogenannten Tumornekrosefaktor-(TNF-)α, der das Entzündungsgeschehen beeinflusst. 

Frühere Nutzenbewertung

Bereits 2013 hat das IQWiG eine Nutzenbewertung von neun Biologika für Fälle vorgelegt, in denen eine vorangegangene Therapie nicht den gewünschten Erfolg brachte oder gar nicht wirkte. Für jeden der Wirkstoffe gab es einen Beleg, einen Hinweis oder zumindest einen Anhaltspunkt für einen Nutzen in Bezug auf mindestens einen patientenrelevanten Endpunkt. Allerdings gab es kaum Studien, in denen mehrere Biologika direkt miteinander verglichen wurden.

Der Gemeinsame Bundesausschuss hatte das IQWiG jetzt mit einer Nutzenbewertung von Biologika im Vergleich untereinander beauftragt, und zwar in der Erstlinien­therapie und in weiteren Therapielinien.

Therapie

Für vier von sieben Therapiesituationen ist die Datenlage laut dem IQWiG weiterhin unzureichend. Ein Fazit ließ sich für die Erstlinientherapie und für nachfolgende Therapien nach Methotrexat-Versagen oder Versagen eines anderen Biologikums ziehen.

In der Erstlinientherapie gibt es laut dem IQWiG für die Kombination mit Methotrexat im primären Therapieziel, der klinischen Remission, keinen Anhaltspunkt für einen höheren oder geringeren Nutzen eines Biologikums gegenüber den anderen. Eine niedrige Krankheitsaktivität war mit Adalimumab und mit Etanercept besser zu erreichen als mit Certolizumab Pegol oder Tocilizumab. Die IQWiG-Wissenschaftler sehen daher jeweils einen Anhaltspunkt für höheren Nutzen.

Nach dem Versagen von Methotrexat können die Patienten Methotrexat in Kombi­nation mit einem Biologikum erhalten. In dieser Therapiesituation ergibt sich für vier Wirkstoffe (Abatacept, Adalimumab, Certolizumab Pegol und Golimumab) im Endpunkt klinische Remission jeweils ein Anhaltspunkt für einen höheren Nutzen gegenüber Anakinra.

Anhaltspunkte gibt es auch für einen höheren Nutzen von Abatacept, Adalimumab und Infliximab gegenüber Anakinra im Endpunkt niedrige Krankheitsaktivität, für einen höheren Nutzen von Golimumab gegenüber Anakinra im Endpunkt gesundheits­bezogene Lebensqualität, für einen höheren Schaden von Certolizumab Pegol gegenüber den meisten anderen Biologika in mehreren Endpunkten und für einen höheren Schaden von Adalimumab und Golimumab gegenüber Infliximab in puncto schwerwiegende Infektionen.

Für die dritte Therapiesituation – bei einem Wechsel nach dem Versagen eines anderen Biologikums – gibt es laut dem Vorbericht für keinen patientenrelevanten Endpunkt einen Anhaltspunkt für einen höheren oder geringeren Nutzen eines Biologikums gegenüber den anderen.

Kritik an Herstellern

Die IQWiG-Wissenschaftler kritisieren den Mangel an Studien, die Biologika untereinander vergleichen. „Wenn man bedenkt, wie häufig Rheuma ist, wie sehr die Betroffenen unter der Krankheit leiden und wie lange diese Wirkstoffe nun schon auf dem Markt sind, ist dieser Mangel nicht nachzuvollziehen“, sagte Beate Wieseler, Leiterin des Ressorts Arzneimittelbewertung im IQWiG.

hil

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