Nutzen der optischen Kohärenztomografie bei Netzhauterkrankungen weiter unklar

Köln – Nutzen und Schaden der sogenannten optischen Kohärenztomografie (OCT) zur Diagnostik und Therapiesteuerung der neovaskulären altersbedingten Makuladegeneration (nAMD) und des diabetischen Makulaödems (DMÖ) sind weiter unklar. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in seinem Abschlussbericht zum Thema.
DMÖ und nAMD sind Erkrankungen der Netzhaut, bei denen Blutgefäße unkontrolliert wachsen. Die Wucherungen der Blutgefäße können das Sehvermögen schwer und unumkehrbar beeinträchtigen, im schlimmsten Fall können die Betroffenen erblinden. Beide Erkrankungen werden heute vorrangig mit sogenannten VEGF-Inhibitoren behandelt. Diese werden in den Glaskörper des Auges injiziert und hemmen das Wachstum von Blutgefäßen.
Anfangs müssen die Injektionen monatlich erfolgen, danach ist es möglich, Injektionen auslassen, wenn in der Diagnostik keine neuen Krankheitszeichen nachweisbar sind. Dafür stehen verschiedene diagnostische Optionen zur Verfügung, unter anderem eine Untersuchung des Augenhintergrundes (Fundoskopie). Vor allem die Therapiekontrolle und -steuerung bei der Gabe von VEGF-Inhibitoren erfolgt heute häufig mit OCT. Mit dieser nicht invasiven diagnostischen Methode lassen sich die Schichten der Netzhaut sehr genau abbilden.
Das IQWiG hat untersucht, ob diese Patienten einen Vorteil haben. Für seinen Vorbericht vom November 2016 hatte das IQWiG lediglich zwei randomisierte, kontrollierte Studien in die Bewertung einbeziehen können, beim Abschlussbericht waren es nun acht.
Am besten ist die Datenlage für Patienten mit nicht vorbehandelter nAMD beim Vergleich zwischen OCT und einer monatlichen Behandlung, also nach einem festen Zeitintervall. „Bei den meisten Zielkriterien zeigen sie allerdings keine relevanten Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen. In Hinblick auf die Verbesserung der Sehschärfe fallen die Ergebnisse dagegen schlechter aus, wenn die Therapie durch OCT gesteuert wird“, berichten die IQWiG-Wissenschaftler.
Sie betonen jedoch, dass nicht die OCT selbst das Sehvermögen negativ beeinflusst. Vielmehr entstehe das Problem erst mit der Interpretation der OCT für Therapieentscheidungen. „In einigen Studien hat man offenbar zu sehr den OCT-Befunden vertraut, sodass viele Injektionen als unnötig gewertet und weggelassen wurden. Eine solche Untertherapie führte dann aber zu einem schlechteren Sehen“, erläutert Stefan Sauerland, Ressortleiter nichtmedikamentöse Verfahren im IQWiG.
Für Patienten mit vorbehandelter nAMD gibt es Studienergebnisse lediglich für den Vergleich von OCT mit einer monatlichen Behandlung für den Endpunkt „Sehvermögen“. Im Gegensatz zu den nicht Vorbehandelten zeigen sich hier keine relevanten Unterschiede.
Beim diabetischen Makulaödem fallen die Studien laut dem IQWiG nicht zugunsten oder zuungunsten der Steuerung mittels OCT aus. Folglich sieht das Institut hier auch keinen Anhaltspunkt für einen Nutzen oder Schaden.
„Die großen Erwartungen, die viele Fachleute an die OCT knüpften, wurden bislang nicht bestätigt. Ob man mit der OCT den Patienten wirklich Injektionen ins Auge ersparen kann, ohne Therapieergebnisse zu gefährden, bleibt fraglich“, sagte Sauerland.
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