Offizielle Erprobung der ärztlichen Personalbemessung läuft an

Leipzig – Das ärztliche Personalbemessungsinstrument der Bundesärztekammer (ÄPS-BÄK) wird derzeit offiziell getestet. Seit dem 1. April befindet sich das Instrument in der vom Gesetzgeber geforderten Erprobungsphase.
„Wir haben ein halbes Jahr Zeit das Instrument an ausgesuchten Kliniken zu testen und Rückmeldungen zu bekommen“, erklärte Henrik Herrmann, Präsident der Ärztekammer Schleswig-Holstein, heute vor dem 129. Deutschen Ärztetag in Leipzig.
Je nachdem wie die Testphase laufe, könne das Instrument anschließend im Zuge der Krankenhausreform verpflichtend eingeführt werden, ergänzte die Vizepräsidentin der Bundesärztekammer (BÄK) und Vorsitzende des Marburger Bundes (MB), Susanne Johna. Sie hofft, dass der Gesetzgeber die Erprobung als gut bewertet. „Danach erwarten wir auch die verpflichtende Einführung.“
Die Erprobung wird vom Wirtschaftsprüfungsunternehmen KPMG durchgeführt. Bald werden die ausgewählten Stichproben, sprich welche Kliniken teilnehmen, versendet, erklärte Johna weiter.
Die Erprobung untersuche insbesondere ob etwa die Daten vergleichbar seien, wie die Ergebnisse zusammenpassen würden und wie hoch der Einführungs- und Nutzungsaufwand sei. Analysiert werden soll auch, inwiefern das System tauglich für verschiedene Krankenhaustypen sei und wie gut die Eingabe auch teils automatisiert von den Krankenhausinformationssystemen (KIS) funktioniere.
Ziel sei es, ÄPS-BÄK dauerhaft und flächendeckend einzuführen. „Wenn ÄPS-BÄK nach der Erprobungsphase nicht kommt, dann würden Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung überhaupt keine Abbildung finden“, bemängelte Johna.
Die Krankenhausreform und dafür benötigte Angaben zu ärztlichem Personal je geplanter Leistungsgruppe beziehe sich bislang lediglich auf Fachärztinnen und -ärzte. „Es ist schockierend, dass Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung nirgends abgebildet werden.“ Ärztliches Personal, das für die Versorgung benötigt werde, müsse zudem in der geplanten Vorhaltevergütung im stationären Sektor mitberücksichtigt werden, betonte Johna.
Zur Erklärung: Die Bundesärztekammer entwickelt das Instrument ÄPS-BÄK seit einigen Jahren. Auf dem vergangenen 128. Deutschen Ärztetag in Mainz hatten die Delegierten eine gesetzliche Verankerung im Zuge der Krankenhausreform gefordert. Diesen Wunsch hat der Gesetzgeber berücksichtigt.
Im Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) wurde Ende 2024 festgehalten, dass eine ärztliche Personalbemessung nach der wissenschaftlichen Erprobung eingeführt werden soll. ÄPS-BÄK soll Kliniken dabei helfen, den tatsächlichen ärztlichen Bedarf herauszufinden und mit dem vorhandenen Personalbestand abzugleichen.
Instrument je nach Fachabteilung unterschiedlich aufgebaut
Dafür werden sämtliche ärztliche Aufgabenbereiche, aber auch der Zeitbedarf für Besprechungen oder Weiterbildung in das System eingetragen und berücksichtigt, wie viele Fachärztinnen oder Weiterzubildende in einer Abteilung arbeiten. Es sei kein „One-Size-Fits-All-System“, da die Fachabteilungen unterschiedlich organisiert und strukturiert seien, erklärte Johna.
Sollte das Instrument zeigen, dass der Personalbedarf kurzfristig nicht gedeckt werden könne, soll es nicht dazu führen, dass es zu Betten- oder OP-Schließungen komme, versicherte Herrmann. Vielmehr soll es Krankenhausärztinnen und -ärzte in Verhandlungen mit der Geschäftsführung stärken und zeigen, dass man bestimmte Dinge im jeweiligen Aufgabenbereich aufgrund der Personalsituation nicht mehr bewerkstelligen könne.
Eine verpflichtende Einführung befürworteten auch einige Delegierte. „In der Anästhesie kennen wir dieses Tool sehr gut“, berichtet Lydia Berendes aus Nordrhein. Sie habe das Instrument bereits händisch ausgefüllt und ihren Chefs vorgelegt. Diese hätten es „mit einem Lächeln in die Tonne geklopft“, sagte Berendes. Deshalb brauche es für die Einführung Unterstützung von der Politik, forderte sie.
Ärztliche Würde wird zurück gegeben
Auch ihre Kollegin Eleonore Zergiebel aus Nordrhein erklärte, bislang werde das ärztliche Personal nach Case-Mix-Punkten pro Vollzeitkraft bemessen. „Wir werden darauf reduziert im industriellen Herstellungsprozess Patienten zu versorgen.“ Die Berechnungen von ÄPS-BÄK gebe Ärztinnen und Ärzten ihre Würde zurück und zeige, dass sie auch etwas anderes tun würden, als Case-Mix-Punkte zu produzieren, sagte die Ärztin für Innere Medizin.
Mit dem Instrument könne zudem Schluss damit sein, dass Krankenhäuser ihre teils schwierigen finanziellen Situationen durch Einsparungen beim ärztlichen Personal kompensierten, erklärte Jörg Weimann aus Berlin.
Auch eine bessere Organisation der Arbeitszeitplanung könne mit ÄPS-BÄK möglich werden, betonte Nina Hector aus Hamburg. Dies sei insbesondere für Ärztinnen und Ärzte in der Weiterbildung, die etwa ihre Familien- und Berufsplanung unter einen Hut bekommen wollen, wichtig.
Bedenken von einem Delegierten, wie eine Verpflichtung zur Einführung des Instruments auch tatsächlich in den Krankenhäusern durchgesetzt werden könnte, räumte Johna während der Debatte aus.
Es gebe einerseits eine Rechtsaufsicht der Kliniken und zudem könne man dies über die Qualitätsberichte, die jedes Krankenhaus jährlich erstellen muss, einfordern. „Wenn das Instrument im Gesetz steht, kommt der Krankenhausträger nicht darum herum, das auch transparent darzustellen“, erklärte Johna.
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