Oropouche-Virus: WHO mahnt bessere Überwachung an

Genf – Elf Länder auf dem amerikanischen Kontinent sind mittlerweile vom Oropouche-Virus betroffen. Das sind drei Länder und ein Gebiet mehr als noch im August dieses Jahres, wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) kürzlich mitteilte. Angesichts der starken Verbreitung und möglichen neuen Übertragungswegen forderte die WHO betroffene Länder auf, das Virusgeschehen stärker zu überwachen.
Bis zum 25. November 2024 hat es demnach 11.634 bestätigte Krankheitsfälle sowie zwei Todesfälle gegeben. Größtenteils sind Regionen in Süd- und Mittelamerika betroffen: Bolivien, Brasilien, Kolumbien, Kuba, Ecuador, Guyana, Panama, Peru. Importierte Fälle von Reiserückkehrern wurden zudem in den USA, Kanada und auf den Cayman Islands registriert.
Mit knapp 10.000 Fällen ist Brasilien am schwersten betroffen. 70 % der Infektionen wurden in der Amazonasregion registriert, wo das Oropouche-Virus (OROV) endemisch ist. Laut einer Publikation von Forschenden des Fiocruz-Institut in Brasilien war die Infektionsrate bis zum August 2024 schon 58,8-mal höher als die mediane Rate in den letzten zehn Jahren (The Lancet Infectious Diseases 2024, DOI: 10.1016/S1473-3099(24)00619-4).
„Da die Arbovirus-Saison in der Region beginnt, fordert die WHO die gefährdeten Länder dringend auf, die epidemiologische und entomologische Überwachung zu verstärken und die Präventionsmaßnahmen in der Bevölkerung zu intensivieren“, erklärte die Organisation.
Aktuell schätzt die WHO das von OROV ausgehende allgemeine Gesundheitsrisiko auf regionaler Ebene als hoch, auf globaler Ebene aber als gering ein. In der Europäischen Region hat es in diesem Jahr bislang 30 registrierte Fälle bei Reiserückkehrern gegeben.
Komplikationen sind selten, aber können schwerwiegend in Form einer aseptischen Meningitis auftreten. Die allgemeinen Symptome sind eher unspezifisch und ähneln denen einer Dengue-Virus-Infektion mit plötzlichem Fieber sowie Kopf- und Gelenkschmerzen.
Allerdings warnt die WHO vor möglichen neuen Vektoren und Übertragungswegen. Erstmals wurden in diesem Jahr Virusübertragungen von Schwangeren auf ihre ungeborenen Kinder festgestellt – drei in Brasilien und eine in Kuba. Zwei Föten starben und in zwei Fällen führte die Infektion zu kongenitalen Anomalien.
Weitere mögliche Übertragungsfälle werden zurzeit untersucht. Ein Grund für die erhöhten Fallzahlen und die neuen Übertragungswege könnte eine genetische Veränderung des Virus sein, vermuten die Forschenden vom Fiocruz-Institut in ihrer Publikation.
Wie auch das Dengue-Virus oder das Zika-Virus gehört Oropouche zu den Arboviren. Überträger sind bestimmte Mückenarten, die in Süd- und Mittelamerika vorkommen: Culicoides paraensis (Familie der Gnitzen). Weitere Überträger sind die Culex quinquefasciatus-Mücken.
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