Medizin

Ozon kann die Entwicklung von Emphysemen fördern

  • Freitag, 16. August 2019
Photo Gallery - stock.adobe.com
Photo Gallery - stock.adobe.com

Seattle –Die Belastung der Lungen durch Ozon und in geringerem Ausmaß auch durch Stickoxide war in einer prospektiven Beobachtungsstudie in sechs US-Großstädten mit einer Zunahme von Emphysem-Markern in der Computertomografie und mit einer Verschlechterung der Lungenfunktion verbunden, deren Ausmaß laut der Publikation im US-amerikanischen Ärzteblatt (JAMA 2019; 322: 546-556) mit den Auswirkungen eines langjährigen Tabakrauchens vergleichbar ist.

Der Luftschadstoff Ozon ist in der Umweltdiskussion in den letzten Jahren zu Unrecht in den Hintergrund geraten. Denn während in den USA in vielen Metropolregionen die Belastung durch Feinstaub und Stickoxide abgenommen hat, ist es bei den Ozonwerten zu einem tendenziellen Anstieg gekommen.

Ozon ist ein starkes Oxidans, das die Lungen schädigen kann. Bei Mäusen kommt es bereits nach sechs Wochen zu einer chronischen Entzündung mit Veränderungen, die denen des Emphysems vergleichbar sind. Das Emphysem ist das Endstadium der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD), die lange nur auf die Folgen des Tabakrauchens zurückgeführt wurde. Es erkranken jedoch auch Menschen an einem Emphysem, die noch nie Zigaretten geraucht haben. Damit stellt sich die Frage, ob die Belastung der Bevölkerung mit Ozon und anderen Luftschadstoffen einen Einfluss auf die Entwicklung von Emphysemen haben könnte.

Ein Team um Joel Kaufman von der Universität von Washington in Seattle hat hierzu die Daten der MESA-Studie („Multi-Ethnic Study of Atherosclerosis“) ausgewertet. Die Studie hat ursprünglich nach Ursachen für Herz-Kreislauf-Erkrankungen gesucht, die in den Groß­städten häufiger auftreten als auf dem Lande. Luftschadstoffe gelten als mögliche Ursache.

Bei den 6.814 Teilnehmern wurden seit Beginn der Studie im Jahr 2000 Computer­tomografien (CT) des Herzens durchgeführt, die immer auch Regionen der Lunge mit erfassen. Im späteren Verlauf der Studie wurden dann CTs des gesamten Thorax durchgeführt. Bei jedem Teilnehmer wurden bis zu fünf Aufnahmen gemacht. Insgesamt waren es mehr als 15.000 CTs.

Die Forscher haben in den CTs die Röntgendichte der Lungen bestimmen lassen. Sie nimmt bei einem Emphysem ab, da sich bei der Erkrankung größere Lungenblasen bilden, die keinen Schatten im Röntgenbild werfen. Eine Lungendichte von unter minus 950 Hounsfield-Einheiten wurde als Emphysem definiert. Bei einer Untergruppe der MESA-Kohorte wurden im Verlauf der Studie auch Lungenfunktionstests durchgeführt.

Die Ergebnisse wurden mit den Luftkonzentrationen von Ozon, Stickoxiden, Feinstaub und Ruß in Beziehung gesetzt. Bei der Eingangsuntersuchung wurden für alle vier Schadstoffe signifikante Korrelationen mit einem späteren Emphysem gefunden.

Am deutlichsten waren die Auswirkungen von Ozon. Ein Unterschied von 3 ppb Ozon am Wohnort war laut Kaufman innerhalb von zehn Jahren mit genauso vielen zusätzlichen Emphysemerkrankungen verbunden wie das Rauchen einer Schachtel Zigaretten täglich über 29 Jahre. Und 3 ppb waren kein Extremwert. Die durchschnittliche Jahresbelastung lag in den Städten zwischen 10 und 25 ppb.

Bei der Berücksichtigung späterer CT-Untersuchungen schwächte sich der Zusammenhang etwas ab. Er blieb nur noch für Ozon und Stickoxide signifikant. Beim Feinstaub war kein Zusammenhang mehr erkennbar.

Die Ozon-Exposition wirkte sich auch auf die Lungenfunktion aus. Ein Unterschied von 3 ppb Ozon war über zehn Jahre mit einem um 18,15 ml stärkeren Abfall der Einsekunden­kapazität (FEV 1) und mit einem um 40,19 ml stärkeren Abfall der forcierten Vitalkapazität (FVC) assoziiert.

rme

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung