Pandemie: Ministerium vernichtet rund 61 Millionen medizinische Güter

Berlin – Im Rahmen der Coronapandemie wurden vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) neben den Schutzmasken auch viele andere medizinische Güter beschafft, von denen einige inzwischen verbrannt werden mussten. Andere liegen wiederum in Lagern des Bundes. So wurden beispielsweise 4,6 Millionen bestellte OP-Hauben offenbar komplett entsorgt.
Das geht aus einer Auflistung des Ministeriums auf Nachfrage der Bundestagsabgeordneten Paula Piechotta (Grüne) hervor, die dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt. Zu den medizinischen Gütern, zu denen das Ministerium Auskunft gegeben hat, zählen Schutzhandschuhe, POC-Antigenschnelltests, Schutzkittel und -anzüge, Spritzen, OP-Hauben und Schutzbrillen.
Von den rund 314 Millionen bestellten Schutzhandschuhen wurden demnach 281,2 Millionen verteilt, etwa 33 Millionen entsorgt. Ebenfalls vernichtet wurden 19,6 Millionen Schutzkittel. Von denen wurden 37 Millionen bestellt und 17 Millionen verteilt. 325.000 liegen noch in Lagern des Bundes. Das Ministerium bestellte 9,1 Millionen Schutzanzüge, von denen 5,2 Millionen verteilt und offenbar weitere 3,88 Millionen verbrannt wurden.
Bei den Schutzbrillen wurden 3,2 Millionen bestellt und 2,3 Millionen verteilt – 854.000 lagern noch beim Bund, eine kleine Menge von 39.000 wurde offenbar vernichtet.
Interessante Zahlen auch bei Spritzen: Das Ministerium bestellte 30 Millionen – in den Lagern des Bundes liegen nun noch etwa 26,7 Millionen, 3,3 Millionen wurden an medizinische Einrichtungen weitergegeben.
Über die Kosten für die beschafften medizinischen Güter gibt die Abfrage keine Antwort. Allerdings verursachen nicht nur die Beschaffung Kosten – auch die Vernichtung sowie die aktuelle Lagerung von Materialien sind finanzrelevant.
Aus Sicht von Paula Piechotta zeigen die Zahlen eine „massive Überbeschaffung“ durch das BMG. „Und relevante Teile konnten nicht sinnvoll eingesetzt werden“, sagte sie dem Deutschen Ärzteblatt. „Das ist nicht Ausdruck von Entscheidungsstärke, sondern von Planlosigkeit.“
Piechotta, die auch in der Aufklärung rund um die Beschaffung der Schutzmasken aktiv ist, fordert „endlich volle Transparenz, damit Steuergeld nicht weiter in Lagerhallen und Verbrennungsanlagen endet.“ Für eine kommende Pandemie müsse die Beschaffung von Gütern „transparenter“ erfolgen.
Das Thema „Beschaffung und Versorgungssicherheit“ in der Coronapandemie soll auch am 15. Dezember Thema in der Enquettkommission zur Pandemie werden.
Angekündigt sind dafür neben Experten aus dem Innenministerium, dem Bundesrechnungshof sowie dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr auch der frühere Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sowie Margaretha Sudhof, die ehemalige Sonderbeauftragte des BMG zur Aufarbeitung der Maskenbeschaffung. Sie wurde vom damaligen Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eingesetzt. Bislang wurde sie zwei Mal in nicht-öffentlichen Sitzungen des Haushaltsausschusses zu ihrem Bericht befragt.
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