Parkinson: Die Rolle der Lewy-Körperchen

Amsterdam/Bochum – Ein internationales Forschungsteam hat den Aufbau der Lewy-Körperchen bei der Parkinsonkrankheit entschlüsselt und neue Hypothesen zu ihrer Bildung vorgelegt. Die Forscher des medizinischen Zentrums der Universität Amsterdam, der Ruhr-Universität Bochum und der Unternehmen Roche und Prothena Biosciences veröffentlichten ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift Acta Neuropathologica (2021; DOI: 10.1007/s00401-021-02329-9).
Bei der Parkinsonkrankheit sammeln sich die Lewy-Körperchen in verschiedenen Regionen des Gehirns. Einer ihrer Hauptbestandteile ist α-Synuclein, ein im menschlichen Gehirn reichlich vorhandenes Protein, das in verschiedenen Formen existiert. Um diese Varianten im Detail zu visualisieren, nutzte das Forschungsteam verschiedene Mikroskopietechniken: die Multilabel-Immunfluoreszenz-Mikroskopie, die Super-Resolution-Mikroskopie, kurz STED, sowie die markierungsfreie sogenannte CARS-Mikroskopie („Coherent Anti-Stokes Raman Scattering“).
So entschlüsselten die Wissenschaftler die dreidimensionale Struktur der Körperchen. Sie besitzen konzentrische, ringförmige Schichten, in denen ein Kern aus angesammelten Proteinen und Lipiden von phosphoryliertem α-Synuclein und strukturgebenden zellulären Komponenten umgeben ist. Die Bochumer Gruppe um Klaus Gerwert machte die in den α-Synuclein-Einschlüssen angesammelten Proteine und Lipide mit der CARS-Methode sichtbar.
Die Forschenden untersuchten die α-Synuclein-Varianten nicht nur in den Lewy-Körperchen, sondern auch außerhalb davon. Sie verglichen die Verteilung der Varianten in Gehirnzellen von Spendern, die in einem frühen oder späten Stadium der Parkinsonerkrankung verstorben waren, sowie mit Kontrollen ohne die Parkinsonerkrankung.
Dabei zeigte sich, dass sich phosphoryliertes α-Synuclein bereits in frühen Stadien der Krankheit in einem Netzwerk um den Zellkern ausrichtet – bevor sich Lewy-Körperchen bilden. Das deutet laut den Forschenden darauf hin, dass sich phosphoryliertes α-Synuclein bereits vor der Bildung von Lewy-Körperchen abnorm verteilt.
„Basierend auf diesen Erkenntnissen schlagen wir eine Hypothese vor, nach der Gehirnzellen Lewy-Körperchen in Situationen bilden, in denen sie nicht mehr in der Lage sind, ihre Trümmer zu recyceln“, sagt Wilma van de Berg vom medizinischen Zentrum der Universität Amsterdam.
„Wenn sich Lipide und Proteine ansammeln, versucht die Zelle, diese an einem speziellen Ort – vergleichbar mit einer Mülldeponie – abzusondern, den sie schließlich umformt und einkapselt, um sich vor schädlichen Bestandteilen zu schützen. Im Laufe der Zeit könnte das Vorhandensein dieser Mülldeponie die normale Biologie der Neuronen verändern und so zu Funktionsstörungen führen“, so die Wissenschaftlerin.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: