Patientensicherheit im „Corona-Tunnel“

Berlin – Eine sichere Patientenversorgung muss während sowie auch nach der Coronakrise gewährleistet bleiben. Neben der Krisenbewältigung gehe es nun darum, absehbare gefährliche Krankheitsverläufe aller Patientengruppen zu vermeiden, schrieb das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) diese Woche in einem Positionspapier.
In der Coronaversorgung müsse alles getan werden, was möglich ist, betonte die Vorsitzende des APS, Ruth Hecker. „Aber wir dürfen auch nicht über das Ziel hinausschießen, weil sonst mehr Leben durch abgesagte, verschobene oder vermiedene Versorgung verloren gehen als durch die Pandemie selbst“, erklärte sie.
Das oberste Gebot in der Patientenversorgung, die sichere Behandlung aller Patienten und das Vermeiden von unerwünschten Ereignissen, gelte nicht nur für die Coronapatienten, schreibt das Bündnis. „Gerade für die Schwächsten kann es beim aktuellen Tunnelblick auf Corona leicht zur Unterversorgung kommen,“ sagte Heike Morris, stellvertretende Vorsitzende im APS.
Das Versorgungsdefizit entstünde teilweise durch Entscheidungen der Anbieter im Gesundheitswesen – wie geschlossene Abteilungen und gesperrte Bettenkapazitäten – andererseits durch die Angst der Menschen vor zusätzlichen Infektionsrisiken während der Behandlung.
Das Aktionsbündnis erklärte, es brauche klare Kriterien, nach denen Krankenhäuser entscheiden sollten, welche Termine vorerst verschoben werden können und welche nicht. Beispielsweise müssten neben der Notfallversorgung auch onkologische Operationen weiter durchgeführt werden.
Die Kosten von Morgen
Notfälle wie Schlaganfälle oder Herzinfarkte wären bereits um rund 40 Prozent zurückgegangen, schreibt der Verein. Dies sei epidemiologisch nicht zu erklären. Die absehbaren Folgeschäden und ihre Kosten müsse jedoch die Gesellschaft tragen.
Darüber hinaus hält das Bündnis die aktuelle Situation von leeren Hausarztpraxen und überlastetem Krankenhauspersonal für problematisch. Die Bevölkerung müsse breit öffentlich aufgeklärt werden, welche Anlaufstellen es für Probleme gibt, die nicht auf COVID-19 bezogen sind.
Es müsse deutlich werden, dass Menschen weiterhin im Notfall den Rettungsdienst rufen können „damit Patienten das Vertrauen zurückgewinnen, dass sie nach wie vor in Akutsituationen gut versorgt werden“, schreibt das APS.
Eventuell seien dafür die Versorgungsstrukturen von Notfällen und Coronapatienten voneinander zu trennen. Ambulant oder stationär – es brauche nun regionale Regelungen, wo welche Patientengruppen bestmöglich versorgt werden können, heißt es im Positionspapier.
Eine funktionierende Zusammenarbeit der beiden Sektoren sei gerade jetzt essenziell.
Nach der Pandemie könnten zukünftige Versorgungstrukturen durch Lehren aus der Krise effizienter gestaltet werden. Vor allem notfallmedizinische Telekonsile würden sich gerade sinnvoll etablieren. Diese positiven Trends gelte es zu verstärken und verstetigen.
Das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS)
Im gemeinnützigen Verein „Aktionsbündnis Patientensicherheit“ haben sich Vertreter der Selbstverwaltung der Gesundheitsberufe, ihrer Fachgesellschaften und Verbände mit Patientenorganisationen sowie Krankenhäusern und Partnern aus Versicherungswirtschaft und Pharmaindustrie zusammengeschlossen.
Das Netzwerk setzt sich für eine sichere Gesundheitsversorgung ein und widmet sich seit 2005 der Erforschung, Entwicklung und Verbreitung dazu geeigneter Methoden.
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