Vermischtes

Patientensicherheit: Initiative für mehr Rezeptqualität ausgezeichnet

  • Montag, 8. Mai 2017

Berlin – Falsch oder missverständlich ausgestellte Rezepte sind kein Einzelfall und gefährden die Patientensicherheit. Eine Initiative zur Erhöhung der Rezeptqualität des Universitätsklinikums Heidelberg wurde letzte Woche bei der 12. Jahrestagung des Aktionsbündnisses Patientensicherheit (APS) zum Sieger des Deutschen Preises für Patientensicherheit 2017 ernannt. Mit Schulungen und der Einführung einer elektroni­schen Rezeptschreibe-Software konnte die Zahl der Rückfragen von Apotheken aufgrund von unverständlichen Rezepten zwischen 2012 und 2015 von 23 auf vier Prozent reduziert werden.

Das Problem mangelhafter Rezepte wurde den Preisträgern vor allem von öffentlichen Apotheken berichtet. „Schlechte Lesbarkeit oder die ungenügende Beachtung formaler Anforderungen erfordern oft die Rücksprache mit dem Arzt und verzögern so die Therapie“, berichtete Hanna Seidling, Leiterin der Kooperationseinheit Klinische Phar­mazie der Abteilung Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie des Universi­tätsklinikums Heidelberg, wo die Koordinationsstelle des Projekts angesiedelt ist.

Um dadurch bedingte Zeitverzögerungen in der Therapie und Medikationsfehler zu verhin­dern, hat das Klinikum seine knapp 40 Kliniken und Zentren mit mehr als 300 Ambulan­zen dabei unterstützt, die in das Klinikinformationssystem integrierte, KBV-zertifizierte Rezeptschreibe-Software (hier: AiDKlinik®) noch besser zu nutzen. Diese erkennt bereits bei der elektronischen Eingabe Fehler und verbessert so die Rezept­qualität, was das Projektteam auch anhand von Auswertungen beweisen kann. Dafür haben sie seit 2012 in regelmäßigen Abständen stichprobenartig je 1.000 anonymisierte Rezepte des Klinikums bei bis zu zwanzig Apotheken in Heidelberg und Umgebung eingesammelt.

Elektronisches Rezept reduziert Nachfragen der Apotheker

Die Auswertungen zeigten, dass einige Rezepte formal so missverständlich ausgestellt waren, dass eine Rückfrage der zuständigen Apotheke in den Ambulanzen notwendig war. 2012 waren solche Rückfragen noch bei 23 Prozent der Rezepte notwendig, 2013 nur noch bei 8,6 Prozent und 2015 nur noch bei 4,1 Prozent. „Der häufigste Fehler war ein fehlender Arztname auf dem Rezept, der folglich auch die Kontaktaufnahme für Rück­fragen verzögerte“, berichtet Christine Katharina Faller von der gleichen Abteilung, die die Koordinationsstelle betreut.

Gleichzeitig stieg die Zahl derjenigen Ärzte, die Rezepte elektronisch mithilfe der Rezeptschreibe-Software statt manuell ausstellten, berichtet Faller: „Während im Jahr 2012 nur 34,9 Prozent der Rezepte elektronisch ausgestellt wurden, waren es 2015 bereits 81,8 Prozent.“ Diese Entwicklungen unterstreichen den Erfolg des Projekts. Die ersten Ergebnisse wurden in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift publiziert (2016; doi: 10.1055/s-0041-107697). Auch dieses Jahr wird das Projektteam weitere 1.000 Rezepte auswerten.

Vor fünf Jahren wurden die Vorbereitungen für das Projekt in die Wege geleitet. „Im Zentrum stand die Einführung eines Rezeptmonitors – einer zentralen Koordinations­stelle. Sie unterstütze die Initiative, indem sie beispielsweise das Zentrum für Informa­tions- und Medizintechnik oder die Klinikapotheke mit den Entwicklern der Recht­schreibe-Software vernetzte“, erläutert Seidling. Zudem stelle der Rezeptmonitor die kontinuierliche Vor-Ort-Betreuung und Schulungen in den einzelnen Ambulanzen sicher.

„Das große Engagement der Mitarbeiter in den Ambulanzen, die nahezu flächen­decken­de Einführung der Rezeptschreibe-Software und eine konsequente wissen­schaft­liche Begleitung unter Beteiligung der öffentlichen Apotheken im Umfeld, die auch durch die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg unterstützt wurde, trugen unter anderem zum Gelingen des Projekts bei“, sagt Faller.

Auch die APS-Experten hat das überzeugt: „Die Initiative hat Vorbildcharakter: Sie kann als Prototyp zur Optimierung der Rezeptqualität angesehen werden“, lobt Hedwig François-Kettner, Vorsitzende des APS. Für den ersten Platz erhielt die Initiative ein Preisgeld von 10.000 Euro.

Platz 2 und 3 für palliativpflegerisches Hygienekonzept und Osteoporose­management

Den zweiten Platz mit 6.000 Euro Preisgeld hat die Jury an Pia Schmidt des Kinder­palliativ­zentrums an der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln für ihre wissen­schaftliche Arbeit verliehen. Sie beschreibt und evaluiert darin das palliativpflegerische Hygienekonzept PALLINI, das Kindern auf der Palliativstation die Möglichkeit gibt, trotz einer Besiedlung mit einem multiresistenten Keim (MRE) am Stationsleben und unter anderem an den therapeutisch-pädagogischen Angeboten der Station teilzunehmen – ohne ihre oder die Sicherheit von Mitpatienten zu gefährden.

Auf den mit 3.500 Euro dotierten dritten Platz wählte die Jury ein Projekt der Klinik für Allgemeine, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie der LMU München. Mit dem koordinierten Osteoporosemanagement – dem sogenannten Fracture Liaison Service (FLS) – wird die Patientensicherheit gefördert: Im Zuge dessen wird Osteoporose­patienten eine individuelle Behandlung durch eine geschulte Pflegekraft gesichert. So kann erneuten Frakturen vorbeugt werden – sogar über den stationären Aufenthalt hinaus.

Stifter des Preisgeldes sind die Aesculap Akademie, der Ecclesia Versicherungsdienst, das Gesundheitsunternehmen MSD Sharp & Dohme GmbH und der medizinische Fachverlag Thieme.

gie

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