Tag der Patientensicherheit: Fehlerhafte Medikamentengabe großes Risiko

Berlin – Fehler bei der Medikamentengabe sind nach Angaben des Aktionsbündnisses Patientensicherheit (APS) die häufigste Ursache von unerwünschten Nebenwirkungen. Diese verursachten fünf Prozent aller Krankenhauseinweisungen und verliefen bei zwei Prozent der Betroffenen tödlich, erklärte das Bündnis im Vorfeld des morgigen Tages zur Patientensicherheit.
Etwa die Hälfte solcher unerwünschten Nebenwirkungen seien auf falsche Medikation zurückzuführen und damit grundsätzlich vermeidbar. Mit dem internationalen Aktionstag will das Bündnis mehr Bewusstsein bei Patienten, Ärzten, Apothekern und Pflegern für die Risiken schaffen.
Da der Medikationsprozess sehr komplex sei, seien Fehler beim Verabreichen von Arzneien leider nicht immer vermeidbar, sagte die Erste Vorsitzende des Aktionsbündnisses, Hedwig Francois-Kettner. Insbesondere ältere Menschen, die oft mehrere Medikamente parallel einnähmen, seien gefährdet. Erhebungen in deutschen Pflegeeinrichtungen wiesen darauf hin, dass jeder Heimbewohner im Schnitt eine neue unerwünschte Arzneimittelwirkung pro Jahr erleide, davon seien 60 Prozent vermeidbar. „Wenn alle zusammenarbeiten, können wir vielen Patientenschäden vorbeugen.“
Die Direktorin des Philipp Klee-Instituts für Klinische Pharmakologie, Petra A. Thürmann, verwies vor allem auf eine noch verbesserungswürdige Kommunikation zwischen Pflegern, Apothekern und Ärzten. Eine aktuelle Studie unter 1.000 Heimbewohnern habe gezeigt, dass bei einem besseren Austausch und Schulungen der Beteiligten die Zahl der vermeidbaren Nebenwirkungen deutlich gesunken sei. Wichtig sei, dass die Pfleger die wichtigsten Symptome einer Nebenwirkung erkennen würden, dass sie diese Information an den betreuende Arzt und Apotheker weitergäben und dass dieser das pflegerische Urteil ernst nehme.
Eine Auswertung des wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) hatte gestern gezeigt, dass Ärzte älteren Patienten immer seltener Medikamente verschreiben, die für sie potenziell wenig geeignet sind oder ihnen sogar gefährlich sein können. Der Anteil der AOK-versicherten Patienten ab 65 Jahren, die mindestens ein für sie potenziell riskantes Medikament von der sogenannten Priscus-Liste erhielten, ist demnach von 29 Prozent im Jahr 2006 auf knapp 19 Prozent im Jahr 2015 gesunken. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) wies darauf hin, dass in Deutschland rund 0,6 Prozent aller internistischen Notaufnahmen als durch Medikationsfehler bedingt eingeschätzt werden.
„Arzneimittel sind in vielen Fällen entscheidend für den Heilungsprozess – zugleich bestehen gesundheitliche Gefahren durch unsachgemäße Einnahme“, erklärte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), der die Schirmherrschaft für den morgigen Aktionstag übernommen hat. Er verwies auf den neuen Aktionsplan zur Arzneimitteltherapiesicherheit, den das Bundeskabinett im August beschlossen hat, sowie auf den Medikationsplan, auf den jeder Versicherte, der mindestens drei verordnete Arzneimittel erhält, ab Oktober Anspruch hat. Letzterer sei „gerade für ältere, chronisch und mehrfach erkrankte Menschen ist das eine große Hilfe“.
Der „Internationale Tag der Patientensicherheit“ wird vom BMG gefördert. Der Tag wurde erstmals 2015 vom Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) und seinen internationalen Partnern ausgerufen.
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