Periphere arterielle Verschlusskrankheit: Konservative Therapie gewinnt an Bedeutung

Wien – Bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) zeichnet sich ein Wandel ab. So sollen minimalinvasive Eingriffe künftig später und weniger häufig zum Einsatz kommen und die Behandlung mit Lebensstiländerungen und Medikamenten stattdessen an Bedeutung gewinnen. Das erklärten Vertreter der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin (DGG) gestern bei einer Pressekonferenz anlässlich der 38. Jahrestagung der DGG in Wien.
„Insgesamt geht es bei der Therapie der pAVK weg von ‚endovaskulär first‘ hin zu einer stärker individualisierten Behandlung“, sagte Markus Steinbauer, Präsident der DGG. Auch die S3-Leitlinie zur pAVK von 2015, die bereits seit 2020 abgelaufen ist, solle bis 2023 dahingehend überarbeitet werden.
„Die minimal-invasive Technik wurde bisher bevorzugt und unabhängig vom Stadium der Erkrankung und dem Gesundheitszustand der Patientinnen und Patienten zur Verbesserung der Durchblutung durchgeführt“, berichtete Steinbauer. Zu diesen Eingriffen zählen etwa Ballondilatationen oder das Einsetzen von Stents.
Im Kapitel der peri- und postinterventionellen Nachsorge der Leitlinie von 2015 heißt es: Die endovaskuläre Therapie der pAVK habe sich rasant entwickelt. Sie stelle meist die initiale Behandlung bei polymorbiden Hochrisikopatienten mit pAVK imStadium III und IV dar, zunehmend auch im Stadium II.
Die überarbeitete S3-Leitlinie wird empfehlen, dass in frühen Stadien der Erkrankung (pAVK-Stadium II) zuerst konservativ behandelt werden soll. „Das beinhaltet eine Änderung der Lebensführung der Betroffenen. Diese sollen Risikofaktoren für Gefäßerkrankungen reduzieren und erhalten eine begleitende langfristige medikamentöse Therapie“, so Steinbauer.
Dazu gehöre eine gesunde Ernährung, körperliche Bewegung und Rauchverzicht. Darüber hinaus aber auch die Behandlung von Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes mellitus.
Drei Medikamentenklassen wirken
Für die medikamentösen Therapien, die die Arteriosklerose aufhalten sollen, konnten Studien positive Ergebnisse vorgelegen (Springer Science 2021; DOI: 10.1007/s00772-021-00855-0). Dabei wurde die Wirkungsweise von drei Medikamentenklassen untersucht, die bei der Sekundärprävention von Durchblutungsstörungen zum Einsatz kommen: Cholesterinsenker (Statine), neue Diabetesmedikamente und die Kombination aus einem blutverdünnenden Medikament (Aspirin) und Rivaroxaban, ein Arzneistoff zur Hemmung der Blutgerinnung.
Die aktuellen Studien hätten gezeigt, dass diese Medikamente die Häufigkeit von Schlaganfällen und Herzinfarkten stark senken und die Prognose sowie den Krankheitsverlauf verbessern, betonte Steinbauer. Demnach konnte die Herzinfarktrate um 42 Prozent und die Schlaganfallrate um 14 Prozent gesenkt werden.
Aspirin oder Clopidogrel reichen nicht aus
Auch Jörg Heckenkamp, Direktor des Zentrums für Gefäßmedizin am Marienhospital Osnabrück, bestätigt: Diesen Patienten wurde sehr lange die Einnahme von Aspirin oder Clopidogrel empfohlen. „Doch selbst unter dieser Therapie liegt das Risiko für negative Ereignisse immer noch bei rund fünf Prozent pro Jahr.“
Für einen langfristig besseren Verlauf gehören auch andere Medikamente, die Steibauer bereits aufgezählt hat, ist der Vize-Präsident der DGG überzeugt. „Die Hälfte unserer Patienten mit einer pAVK nehmen diese Medikamente jedoch nicht regelmäßig ein.“
Doch auch für den Fall, dass ein Eingriff erwogen wird, gilt: „Nicht jeder Patient, nicht jede Patientin ist aufgrund der Anatomie oder des Wundbefundes für eine minimal-invasive Intervention geeignet“, erläuterte Steinbauer, Leiter des Gefäßzentrums und Chefarzt der Klinik für Gefäßchirurgie am Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg.
„Manche benötigen aufgrund der Wund- und Infektsituation primär eine offene chirurgische Operation – beispielsweise eine Ausschälung des verkalkten Gefäßabschnitts oder die Umgehung eines Gefäßverschlusses durch einen Bypass“, sagt der DGG-Präsident. Nach der neuen Behandlungsleitlinie komme es vor allem darauf an, Art und Umfang der Intervention nach den Bedürfnissen und Voraussetzungen der Patienten zu planen.
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