Pestizide in Obst und Gemüse können IVF-Erfolg gefährden

Boston – Mit Pestiziden unbelastete Gesunde haben möglicherweise eine höhere Erfolgsrate bei einer In-vitro-Fertilisation (IVF). In einer prospektiven Beobachtungsstudie in JAMA Internal Medicine (2017; doi: 10.1001/jamainternmed.2017.5038) wurden Frauen, die stark mit Pestiziden belastetes Obst oder Gemüse gegessen hatten, seltener schwanger. Der Verzehr von schwach belastetem Obst und Gemüse erhöhte dagegen die Erfolgsrate.
Die Environment And Reproductive Health oder EARTH-Studie sucht nach Gründen für Unfruchtbarkeiten bei Frauen. Zu den möglichen Ursachen zählt die hohe Pestizidbelastung der Bevölkerung: In den USA sind Spuren von Herbiziden, Fungiziden, Insektiziden oder Rodentiziden bei 90 Prozent der US-Bevölkerung im Blut oder Urin nachweisbar.
Um den Einfluss auf die Fruchtbarkeit zu untersuchen, wurden am Fertility Center des Massachusetts General Hospital in Boston 325 Frauen bei der Anmeldung zur IVF-Therapie gebeten, einen ausführlichen Fragebogen zu ihren Ernährungsgewohnheiten auszufüllen. Sie wurden außerdem gefragt, wie häufig sie bei Obst und Gemüse im Biomarkt eingekauft haben.
Das Team um Jorge Chavarro von der Harvard T. H. Chan School of Public Health in Boston recherchierte die Pestizid-Belastung der Nahrungsmittel, die regelmäßig im Pesticide Data Program des US-Landwirtschaftsministeriums erhoben wird. Sie teilten das Obst und Gemüse in drei Kategorien mit einer niedrigen, mittleren oder hohen Belastung durch Pestizide ein. Zum hoch belasteten Obst gehörten beispielsweise Erdbeeren, beim Gemüse gibt es beim Spinat die höchsten Pestizidrückstände.
Daraufhin wurde untersucht, wie häufig die Frauen Obst und Gemüse mit niedriger, mittlerer oder hoher Belastung verzehrt hatten. Für jede der drei Kategorien wurden die Frauen in vier Quartile eingeteilt. Diese Quartile wurden dann mit der Erfolgsrate der IVF-Behandlung in Beziehung gesetzt. Die Endpunkte waren eine klinische Schwangerschaft und die Geburt eines lebenden Kindes.
Ergebnis: Frauen, die am häufigsten stark mit Pestiziden belastetes Obst und Gemüse verzehrt hatten (das waren 2,3 oder mehr Portionen am Tag), wurden zu 18 Prozent (95-Prozent-Konfidenzintervall 5-30 Prozent) seltener schwanger, und es kam zu 26 Prozent (13-37 Prozent) seltener zur Geburt eines lebenden Kindes. Der häufige Verzehr von wenig belastetem Obst und Gemüse steigerte dagegen die Chancen auf Schwangerschaft und Lebendgeburt. Die Assoziation war jedoch nicht signifikant.
Dies änderte sich bei einem dritten Endpunkt, dem Verlust einer Schwangerschaft. Der häufige Verzehr von niedrig belastetem Obst verringerte die Zahl der Fehlgeburten signifikant um 34 Prozent (20 bis 51 Prozent). In diesen Analysen wurde der Anteil des im Öko-Markt gekauften nicht mit Pestiziden belasteten Obst und Gemüse berücksichtigt.
Frauen, die täglich eine Portion Obst oder Gemüse mit niedrigem statt mit hohen Pestizidrückständen verzehrten, erhöhten ihre Chance auf eine Schwangerschaft um 79 Prozent (11 bis 188 Prozent), die Wahrscheinlichkeit einer Lebendgeburt stieg um 88 Prozent (16-205 Prozent).
Die Studie zeigt erstmals, dass der Verzicht auf Obst und Gemüse, das stark mit Pestiziden belastet ist, die Erfolgschancen bei der IVF steigern kann. Als Beobachtungsstudie kann sie die Kausalität allerdings nicht beweisen. Chavarro hofft deshalb, dass die Ergebnisse in weiteren Studien überprüft werden.
Tierexperimentelle Studien weisen jedoch in die gleiche Richtung: In einem Experiment wurden Mäusen Pestizide in einer Konzentration ins Trinkwasser gemischt, die unterhalb der geltenden Grenzwerte für den Menschen liegen. Es kam seltener zur Implantation der Eizelle und die Zahl der geborenen Tiere war kleiner als bei Tieren, die nicht mit Pestiziden exponiert wurden. Eine andere Studie fand heraus, dass die Pestizide die Zellteilungen der befruchteten Eizelle vermindern und das Absterben des Embryos vor der Implantation fördern.
Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch kann aufgrund der Ergebnisse geraten werden, den Verzehr von stark mit Pestiziden belastetem Obst und Gemüse zu meiden. Bei geringen Rückständen könnten die Vorteile durch die gesunde Ernährung größer sein als die Risiken durch die Pestizide.
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