Petition gegen den neuen § 116b: Ausschuss prüft
Berlin/Kulmbach – Viele Vertragsärzte sehen es kritisch, dass mit dem Versorgungsstrukturgesetz (VStG) von 2012 an ein neuer Leistungsbereich der ambulanten spezialärztlichen Versorgung (ASV) eingeführt werden soll. Sie befürchten, dass dadurch der Basisversorgung Geld entzogen wird.
Gernot Petzold, niedergelassener Augenarzt aus Kulmbach, reagierte: Er forderte Kolleginnen und Kollegen sowie andere Kritiker auf, eine Online-Petition im Bundestag zu zeichnen, um die ambulante spezialärztliche Versorgung zu verhindern.
Die Resonanz: Bis zum Ende der Mitzeichnungsfrist am 18. November fanden sich 1.280 Mitzeichner. Zusätzlich haben nach Angaben von Petzold rund 20 000 Bürger per Unterschrift gegen die ASV votiert. Derzeit befasst sich der Petitionsausschuss mit dem Protest.

5 Fragen an Gernot Petzold
DÄ: Herr Petzold, wie beurteilen Sie die Unterstützung Ihrer Online-Petition?
Petzold: Mich hat generell enttäuscht, wie wenig die geplante ambulante spezialärztliche Versorgung zur Kenntnis genommen wird, obwohl sie doch jeden niedergelassenen Arzt und jede niedergelassene Ärztin betreffen wird. Nach Schätzungen werden wohl fünf Prozent der Kollegen die Gewinner sein und 95 Prozent die Verlierer, die die ganze Chose zu bezahlen haben. Ich hätte mir gewünscht, dass diese 95 Prozent ihre Meinung artikulieren, gern auch mit ihren Patienten.
DÄ: Weshalb die Zurückhaltung?
Petzold: Ich glaube, dass viele über die konkreten Inhalte dessen, was geplant ist, nicht gut informiert sind. Wenn man mit den Kollegen spricht, was kommen soll, dann reagieren sie ganz anders. Das, was die Medien berichten und was man so gemailt bekommt, wird zur Kenntnis genommen, aber es ruft noch keine Reaktionen hervor. Die Kollegen lesen zudem so viel, dass sie auch vieles einfach abblocken.
DÄ: Was hat Sie veranlasst, eine Online-Petition zu starten?
Petzold: Ich wollte bewirken, dass man über die geplante ambulante spezialärztliche Versorgung in der Öffentlichkeit diskutiert. Zunächst hatte ich da an die Kollegen gedacht; sie sollten überlegen, was das für sie, aber vor allem für ihre Patienten bedeutet. Die Petition war aber auch eine Art Hilferuf. Die Abgeordneten des Bundestags erfassen meiner Meinung nach die Tragweite des Geplanten nur zu einem Bruchteil. In solchen komplexen Fragen der Gesundheitsversorgung kennen sich nur wenige aus. Jedenfalls wollte ich auch erreichen, dass sich noch einmal jeder Abgeordnete überlegt, welchen Veränderungen er da zustimmt.
DÄ: Alle Einzelheiten des Geplanten stehen aber ja auch tatsächlich noch nicht endgültig fest. Die Koalition berät doch noch über das neue Gesetz.
Petzold: Viele Kollegen sagen sich deshalb ja sicher auch: Wer weiß, ob das alles so kommen wird. Nur: Im Januar ist es zu spät. Wenn die ambulante spezialärztliche Versorgung erst einmal eingeführt ist, dann ist sie da. Mein Argument dagegen lautet vor allem: Der neue Bereich wird die flächendeckende fachärztliche Grundversorgung zerstören.
Im Grunde würden wir uns durch die ambulante spezialärztliche Versorgung doch eine Luxusversorgung für einige wenige Krankheitsgruppen schaffen, und die würden wir mit dem Geld der Basisversorgung finanzieren. Wir hier auf dem Land würden noch weniger Honorar bekommen, obwohl die Regelleistungsvolumen jetzt schon zu niedrig sind.
DÄ: Aber auch Ärzte beklagen sich doch massiv über Probleme an den Schnittstellen von ambulanter und stationärer Versorgung. Sind neue Ansätze nicht dringend notwendig?
Petzold: Wissen Sie, wenn Kollegen wegen der angeblichen Schnittstellenprobleme unzufrieden sind, dann muss man sie fragen: Was tust Du, um da etwas zu verbessern? Die Möglichkeiten der Kooperation sind da. Die Instrumentarien, die es heute gibt, würden schon ausreichen, das Ganze ordentlich zu leben.
Ich gebe Ihnen ein Beispiel aus unserer Region: Hier in Kulmbach gründen gerade 33 Haus- und Fachärzte eine gemeinnützige Gesellschaft bürgerlichen Rechts, um gemeinsam mit dem Klinikum vor Ort ein Medizinisches Versorgungszentrum zu eröffnen, und zwar in der Nähe des Krankenhauses. So etwas ist für uns ein sinnvoller Ansatz zur Überwindung von Schnittstellenproblemen und vor allen Dingen gelebte Qualität. Und noch etwas: Wenn jeder Arzt die Leistungen, die er erbringt, auch erstattet bekäme, hätten wir eine ganz andere Situation, nicht zuletzt an den Schnittstellen.
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