Politik

Pflegende wollen Medikamente selbst verordnen

  • Donnerstag, 14. März 2019
v.l.n.r.: Moderator Sascha Hingst sitzt zusammen mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, Bundesfamilienministerin Franziska Giffey und Björn Böhning, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, bei einer Podiumsdiskussion auf dem Deutschen Pflegetag. /dpa
v.l.n.r.: Moderator Sascha Hingst sitzt zusammen mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, Bundesfamilienministerin Franziska Giffey und Björn Böhning, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, bei einer Podiums­diskussion auf dem Deutschen Pflegetag. /dpa

Berlin – Der Präsident des Deutschen Pflegerates (DPR), Franz Wagner, hat eine neue Verteilung der Aufgaben im Gesundheitswesen gefordert. „Man muss die Potenziale der Pflegekräfte erkennen und dafür sorgen, dass sie ihre Kompetenzen sinnvoll einbringen können“, sagte Wagner heute auf dem Deutschen Pflegetag in Berlin.

Dazu gehöre in bestimmten Fällen auch die Verordnung von Medikamenten. „Wir möch­ten, dass eine Pflegekraft nicht nur deshalb einen Arzt hinzuziehen muss, weil dessen Unterschrift für die Abrechnung der Leistung mit der Krankenkasse gebraucht wird – obwohl der Arzt den Patienten möglicherweise gar nicht gesehen hat“, sagte Wagner.

Der DPR-Präsident betonte, dass der Pflegeberuf endlich über seine eigenen Belange entscheiden müsse. „Und dafür brauchen wir eine Bundespflegekammer“, sagte er. „Wir gehen davon aus, dass die Zahl der Pflegekammern in den Bundesländern mit jedem Jahr weiter ansteigen wird.“

Noch in diesem Jahr werde es entsprechende Gesetze in Baden-Württemberg und Nord­rhein-Westfalen geben. „Und auf Bundesebene wird derzeit vom Deutschen Pflegerat und den drei Landespflegekammern eine Bundespflegekammer konstituiert“, erklärte Wagner. „Sie können zeitnah erwarten, dass hier auf Bundesebene etwas passieren wird.“

Pflegerat: Pflegemangel hat Auswirkungen auf den sozialen Frieden

Wagner attestierte der Bundespolitik, dass sie in den vergangenen Jahren vieles im Pflegebereich auf den Weg gebracht habe. „Wir werden allerdings erst sehen müssen, ob alle politischen Ideen auch wirklich in der Versorgung ankommen“, meinte er. Bislang sei davon noch wenig zu sehen.

Denn trotz der vielen Reformen sei der Reformdruck in der Pflege nach wie vor hoch. Die Folge des Pflegemangels seien lange Warteliste in Pflegeheimen und bei ambulanten Pflegediensten. Und in den Krankenhäusern würden ganze Stationen gesperrt und planbare Operationen verschoben. „Das hat Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Deutschland und auf den sozialen Frieden“, betonte Wagner.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) rief die Pflegenden auf, selbst noch stärker als bislang für ihre Forderungen einzutreten. „Ihre Interessen vor Ort in den Einrichtun­gen können nur Sie selbst vertreten, das kann nicht die Politik machen“, meinte er und forderte die Anwesenden auf, ihre derzeit gute Verhandlungsposition besser zu nutzen.

„Manchmal meldet sich eine Pflegekraft in einer Veranstaltung zu Wort und erzählt von ihren schlechten Arbeitsbedingungen“, sagte Spahn. „Dabei ist die Stellung von Pflege­kräften in Deutschland heute so stark wie vielleicht noch niemals zuvor. Jedes Pflegeheim und jedes Krankenhaus in Deutschland suchen Pflegekräfte. Das umzumünzen, kann Ihnen die Politik aber nicht abnehmen.“ 

Spahn: Pflegende müssen Pflegekammer selbst wollen

Auch die Themen Arbeitsabläufe in den Einrichtungen könnten nicht per Gesetz beein­flusst werden. „Das müssen Sie zusammen mit den Arbeitgebern und den Berufsver­bän­den angehen“, sagte Spahn und kündigte an, dass die Politik im Rahmen der „Konzertier­ten Aktion Pflege“ gute Beispiele entwickeln wolle, wie zum Beispiel die Schichtplanung besser gelingen könne.

Auch DPR-Präsident Wagner sagte: „Wir müssen schon selbst in den Spiegel schauen. Wieso ist es zum Beispiel nicht möglich, eine Software zu bekommen, die einen vernünftigen Dienstplan ermöglicht?“

Spahn erklärte, dass er mit einer Bundespflegekammer gut umgehen könne, weil die Politik dann einen Ansprechpartner auf Bundesebene hätte. Aber Pflegekammern müssten sich aus der Pflege heraus entwickeln. „Wir sehen in Niedersachsen gerade, dass offensichtlich nicht alle Pflegenden eine Landespflegekammer wollen“, so der Minister. Am Ende werde eine Pflegekammer nur dann möglich sein, wenn die Pflegenden sie selbst auch befürworteten.

In diesem Jahr findet der Pflegetag zum sechsten Mal statt. Nach Angaben des Veranstal­ters stieg die Teilnehmerzahl von 8.000 Teilnehmern im vergangenen auf 10.000 in diesem Jahr.

fos

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