Politik

Pflegeratspräsidentin: Gesetz zur Befugniserweiterung mit Leben füllen

  • Mittwoch, 5. November 2025
Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats spricht bei der Eröffnungsveranstaltung des 12. Deutschen Pflegetags. /picture alliance, Britta Pedersen
Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats spricht bei der Eröffnungsveranstaltung des 12. Deutschen Pflegetags. /picture alliance, Britta Pedersen

Berlin – Das Gesetz zur Befugniserweiterung in der Pflege stelle einen großen und wichtigen Schritt dar, sagte heute Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats (DPR), anlässlich der Eröffnung des 12. Deutschen Pflegetags. Die vorgesehenen Handlungsspielräume könnten sich aber nur entfalten, wenn sie auch finanziert, abrechenbar und klar geregelt seien – mit echten Zuständigkeiten und festen Strukturen.

Der Bundestag will morgen das Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege verabschieden. Entsprechend ausgebildete Pflegekräfte sollen künftig Aufgaben eigenverantwortlich leisten können, die bisher Ärztinnen und Ärzten vorbehalten sind. Außerdem soll eine Entbürokratisierung mehr Zeit für die konkrete Pflege ermöglichen.

Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) sagte heute dazu im ARD-Morgenmagazin, das Gesetz solle den Pflegeberuf aufwerten: „Wir schaffen damit, dass Pflegekräfte künftig das machen dürfen, was sie eigentlich sehr gut können, was sie viele Jahre in der Berufserfahrung gelernt haben.“

Konkret sieht das Gesetz vor, dass gut ausgebildete Pflegekräfte für bestimmte Leistungen die Befugnis zur eigenverantwortlichen Heilkundeausübung erhalten. Sie können damit Leistungen etwa in den Bereichen Diabetes, Wundmanagement und Demenz erbringen, die bisher Ärzten vorbehalten waren.

Welche Leistungen konkret erbracht werden dürfen, soll eine eigene Kommission der Selbstverwaltung des Gesundheitswesens unter Beteiligung der Pflegeorganisationen festlegen. Zugleich soll die Vertretung der Pflegeberufe in Entscheidungsgremien des Gesundheitswesens auf Bundesebene einheitlich geregelt und gestärkt werden.

Vogler betonte auf dem Pflegetag, nun brauche es klare Fristen für die nächsten Schritte, eine bundesweite Weiterbildungsstruktur sowie Steuerung durch ein Kernset pflegesensitiver Qualitätsindikatoren. „Jetzt geht es um Verbindlichkeit in der Finanzierung, in der Steuerung und in der Umsetzung“, so die DPR-Präsidentin.

Sie forderte grundsätzlich den Übergang von einer ärztezentrierten zu einer teambasierten Primärversorgung. Dazu gehöre eine Pflege, die gemeinsam mit Hausarztpraxen, Therapieberufen und Sozialberatung den Erstkontakt für Patientinnen und Patienten bilde.

Mit Blick auf die Herausforderungen durch Demografie, Multimorbidität und ländliche Räume plädierte Vogler für eigene pflegerische Sprechstunden, Übergangs- und Medikationsmanagement sowie Quartiersbesuche, die ausgebildete Pflegefachpersonen, wie die Community Health Nurse, übernehmen sollen. Damit dies gelingen könne, sei eine starke digitale Infrastruktur für die Pflege unverzichtbar.

Weiter forderte Vogler flächendeckende Landespflegekammern sowie eine feste Bundeseinbindung der Pflege in die Selbstverwaltung „mit dem Deutschen Pflegerat als maßgeblicher Organisation“. Dies sei notwendig, damit Berufsordnungen, Qualitätsstandards, Weiterbildung und Professionsentwicklung verbindlich und steuerungsfähig würden. Zudem brauche Pflege eine Bildungsarchitektur aus einem Guss – gebündelt in einem Bundesressort.

Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der Barmer, unterstützte die Forderung des Pflegerats. „Die Bedeutung der Pflegeberufe wird weiter zunehmen. Um das politische Versprechen einer Versorgung unabhängig von Versichertenstatus, Einkommen und Wohnort neu mit Leben zu füllen, braucht es ein ‚Primärversorgungssystem‘, um die Patientenströme bedarfsgerecht zu steuern.“

Dafür sei die explizite Unterstützung der Pflege und deren Aufwertung als Heilberuf erforderlich. Auch brauche es perspektivisch eine sektorenübergreifende Bedarfsplanung, die die Profession Pflege mitdenke und einbinde.

Derzeit gelten rund 5,8 Millionen Menschen in Deutschland als pflegebedürftig. Fachleute schätzen, dass die Zahl bis 2055 auf bis zu 8,2 Millionen anwachsen wird. Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) prognostiziert einen Bedarf von 150.000 zusätzlichen Pflegekräften für das Jahr 2040 – bei schon heute bestehenden Personalengpässen in den Pflegeberufen.

aha/kna

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