DAK-Pflegereport: Vertrauen in das deutsche Pflegesystem schwindet

Berlin – Das Vertrauen in das deutsche Pflegesystem schwindet laut einer heute vorgelegten Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach (IfD) im Rahmen des aktuellen Pflegereports der DAK-Gesundheit. Demnach bewerten 62 Prozent der Bevölkerung die pflegerische Versorgung derzeit als nicht oder gar nicht gut – 46 Prozent rechnen mit einer weiteren Verschlechterung innerhalb der nächsten zehn Jahre. Reformpriorität Nummer Eins stellt für die Bürgerinnen und Bürger eine nachhaltige Finanzierung dar.
„Wir stehen in der Pflege an einem Kipppunkt: Das Vertrauen der Menschen in das Pflegesystem ist äußerst gering und droht wegzubrechen. Viele Menschen nehmen das System als schlecht, ungerecht und überfordernd wahr“, warnte DAK-Vorstandschef Andreas Storm. Die Arbeit der Bund-Länder-Kommission Pflege müsse in Maßnahmen münden, welche zumindest den Einstieg in eine nachhaltige Finanzierung und eine zukunftsfeste Pflegeinfrastruktur sicherstellen. Mit Blick darauf drohe ein Scheitern von entsprechenden Reformen zu einem großen Vertrauensverlust in die politische Handlungsfähigkeit zu führen.
Um die Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung auf ein zukunftssicheres Fundament zu stellen, sieht die Mehrheit der Befragten hauptsächlich den Staat in der Pflicht. Mit 56 Prozent äußerte eine klare Mehrheit die Erwartung, es sollten staatliche Zuschüsse oder Steuermittel eingesetzt werden, um die Absicherung von Pflegebedürftigen sicherzustellen. 47 Prozent halten eine Beitragserhöhung für vermögende oder gutverdienende Menschen für eine Option.
Überlegungen, eine verpflichtende Pflegezusatzversicherung einzuführen, werden nur von einer Minderheit (21 Prozent) befürwortet. Dies mache deutlich, so Storm, dass die Idee, den Menschen über die Beitragszahlung für die Pflegeversicherung hinaus eine private Vorsorge verpflichtend aufzuerlegen, keine Akzeptanz findet.
Die sichere Finanzierung des Pflegesystems sei eine „offene Frage“, die dringend gelöst werden müsse. Ohne Reformen drohe innerhalb der nächsten zehn Jahre ein Anstieg der Beiträge für die Pflegeversicherung von jetzt 3,8 Prozent auf über fünf Prozent.
Auch für den Studienleiter des DAK-Pflegereports, Thomas Klie vom Institut AGP Sozialforschung, stellen die Allensbach-Ergebnisse einen klaren Handlungsauftrag an die Mitglieder der Bund-Länder-Kommission dar. Neben der Finanzierungsfrage sollten auch weitere Pflegestützpunkte, in denen Beratung und fachpflegerische Begleitung angeboten werden, in den Fokus genommen werden.
„Die pflegefachliche Begleitung ist ein zentraler Reformbaustein, der sowohl im Zukunftspakt Pflege als auch in der Bevölkerung favorisiert wird“, betonte Klie. Der Aufbau von entsprechenden Strukturen sei auch deshalb dringend notwendig, weil so ein Beitrag zur Stabilisierung der häuslichen Pflege geleistet werden könne.
Meinungsforscherin Renate Köcher, Geschäftsführerin des IfD, betonte in diesem Zusammenhang, die pflegenden Angehörigen erbrächten enorme Leistungen. Ohne diese Leistungen würde der Staat mit der Herausforderung, Pflege zu leisten und Pflege abzusichern, havarieren. Umso wichtiger sei es, neben diesen privaten Strukturen intakte gesellschaftliche Strukturen zu haben und Pflegende, die oft überfordert seien, zu unterstützen.
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