Politik

Pharmazeutische Industrie fordert Ausnahmen für Kinderarzneimittel

  • Donnerstag, 19. März 2015
/dpa
dpa

Berlin – Kinderarzneimittel würden in der Versorgungswirklichkeit nicht als besondere Medikamente angesehen, obwohl von europäischer Seite die Notwendigkeit von speziellen Kinderzulassungen (PUMA) herausgehoben wurde, kritisierte der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) heute anlässlich seines 25. Unternehmertages. „Wir sind der Auffassung, dass die Zulassung als Kinderarzneimittel schon per se einen gravierenden Zusatznutzen darstellt, der auch gesetzlich fixiert werden sollte und sich auch in einem adäquaten Erstattungspreis niederschlagen muss“, erklärte BPI-Vorstandsvorsitzender Martin Zentgraf.

Dass Kinder bei der Behandlung mit Arzneimitteln besonderen Risiken ausgesetzt sind, weil 40 Prozent bis 90 Prozent (bei Neugeborenen) der an sie verabreichten Arzneimittel nicht für sie zugelassen sind, weiß nach einer aktuellen Befragung im Auftrag des BPI nur jeder fünfte Deutsche. Für ein speziell erforschtes und zugelassenes Arzneimittel für Kinder wären die Eltern jedoch bereit, mehr zu zahlen. Anderseits würden nur 20 Prozent der Eltern aus Sorge vor Risiken ihr Kind an einer klinischen Studie teilnehmen lassen.

Dies ist nach Ansicht des Verbandes jedoch nur ein Grund für die schwierige Situation für Kinderarzneimittel: Zu der geringen Bereitschaft zur Teilnahme an Studien kommen nach Auffassung des BPI regulatorische Hindernisse und Probleme bei der Erstattung. „Fast in allen europäischen Ländern werden Arzneimittel ausgetauscht, nicht primär nach medizinischem Sachverstand, sondern oft vor allem unter dem Kostenaspekt beziehungsweise aus Angst vor Regresszahlungen“, betonte Zentgraf.

Dabei könne der Arzt entscheiden, ob er tatsächlich ein speziell für die Pädiatrie weiter­entwickeltes Medikament verschreibt oder eine wirkstoffgleiche Alternative oder Rezep­turarzneimittel, die auch eine kostengünstige Variante sein könnten. „Aber den hohen Anforderungen an geprüfte Qualität, Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und vor allen Dingen auch die systematische Erfassung von Nebenwirkungen im Rahmen von Pharma­kovigilanz-Systemen werden diese nicht gerecht“, erklärte der Vorstandsvorsitzende.

Der BPI fordert deshalb ein Substitutionsverbot für PUMA-Medikamente gegen wirkstoffgleiche Arzneimittel ohne Zulassung für Kinder.  Ein Anreiz für Ärzte, für Kinder geprüfte und zugelassene Wirkstoffe zu verordnen, wäre nach Ansicht des Verbandes eine Herausnahme von Kinderarzneimitteln aus der Wirtschaftlichkeitsprüfung der ärztlich verordneten Leistungen.

Um den Anreiz für Hersteller zu erhöhen, sich verstärkt in der Weiterentwicklung von Wirkstoffen speziell für Kinder zu betätigen, schlägt der BPI vor, einen Daten- und Vermarktungsschutz wie für Arzneimittel für seltene Krankheiten („Orphan Drugs“) zu schaffen. Ebenso wie bei Orphan Drugs sei auch bei Kinderarzneimitteln davon auszu­gehen, dass es für die Behandlung bei Kindern keine therapeutisch gleichwertigen Alternativen gibt.

ER

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