Medizin

Physiologie: Gehirnwäsche während des Tiefschlafs

  • Montag, 4. November 2019
/Paolese, stockadobecom
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Boston – US-Forscher haben eine weitere Funktion des Tiefschlafs entdeckt. In der Zeit, in der langsame Wellen das Elektroenzephalogramm (EEG) dominieren, kommt es laut dem Bericht in Science (2019; 366: 628-631) in den Blutgefäßen und in den Liquorräumen zu „oszillatorischen“ Bewegungen, die wie in einer Waschmaschine die Entfernung schädlicher Proteine aus dem Gehirn erleichtern könnten.

Schon bald nach dem Einschlafen fällt das menschliche Gehirn in einen zunehmenden Tiefschlaf. Er ist gekennzeichnet durch niederfrequente Wellen im EEG, nach denen er auch als „slow wave sleep“ (SMS) bezeichnet wird. Auf diesen Tiefschlaf folgt dann eine Phase mit schnellen Augenbewegungen (REM-Schlaf). Jede Nacht wiederholt sich dieser Zyklus mehrmals.

Frühere Studien hatten bereits gezeigt, das sich im SMS neben der Hirnaktivität auch der zerebrale Blutfluss verändert. Ein Team um Nina Fultz von der Universität Boston hat die Zusammenhänge jetzt genauer untersucht. Dreizehn gesunde Probanden verbrachten eine Nacht im Magnetresonanztomografen (MRT), wo sie trotz der lauten Geräusche, die diese Geräte erzeugen, irgendwann einschliefen. Das MRT zeichnete die Durchblutung und die Bewegungen in den Liquorräumen auf.

Da die Köpfe mit EEG-Elektroden versehen waren, konnten die Forscher erkennen, in welcher Schlafphase sich die Probanden gerade befanden. Im Wachzustand und in der Aufwachphase kam es zu keinen Veränderungen in der Hirndurchblutung. Die MRT-Signale blieben gleich. Während der SMS-Phasen beobachteten die Forscher Oszillationen in den MRT-Signalen, die sie als eine Veränderung der Durchblutung deuten. Zur gleichen Zeit geriet auch der Liquor in Bewegung. Die Flussrichtung des Hirnwassers geht normalerweise vom Produktionsort in den Seitenventrikel über den 3. und 4. Ventrikel in den Subarachnio­dalraum, in dessen Wänden der Liquor resorbiert wird. Während der Oszillationen der MRT-Signale kehrte sich die Flussrichtung zeitweise um. Das Gehirnwasser floss jeweils für wenige Sekunden vom 4. zum 3. Ventrikel zurück.

Die Forscher vermuten, dass das ständige Hin und Her des Liquors während des Tiefschlafs (SMS) eine Art Waschfunktion hat. Es könnte den Abtransport von Beta-Amyloiden und anderen Schadstoffen, die täglich im Gehirn produziert werden, erleichtern: Dies wäre durchaus vergleichbar mit den Bewegungen des Wassers in einer Waschmaschine, die die Ablösung von Schmutzpartikeln fördern.

rme

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