Posttraumatische Belastungsstörung nach Krebs häufig

Kuala Lumpur – Posttraumatische Belastungsstörungen treten nicht nur nach Naturkatastrophen und bei Opfern und Zeugen physischer Gewalt auf. Eine Studie in Cancer (2017; doi: 10.1002/cncr.30980) zeigt, dass auch Krebspatienten betroffen sein können.
Krebserkrankungen werden von den meisten Patienten als eine existenzielle Bedrohung erlebt, die sie ja in der Regel auch ist. Nicht alle erholen sich nach einer erfolgreichen Behandlung von den Ängsten, denen sie in der Krankheits- und Behandlungsphase ausgesetzt waren. Bei einigen kommt es zu einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS), die jedoch selten diagnostiziert wird.
Caryn Mei Hsien Chan von der National Universität von Malaysia in Kuala Lumpur und Mitarbeiter haben 469 Patienten mit unterschiedlichen Krebserkrankungen einen Monat nach der Behandlung untersucht. Zunächst füllten die Patienten den HADS-Fragebogen (Hospital Anxiety and Depression) aus, der ein Screeningtest für depressive Symptome und Ängste ist.
203 Patienten mit auffälligen Werten wurden zu einem intensiven Interview geladen. Der Psychiater stellte bei 44 Patienten eine PTBS fest. Das entspricht einer Häufigkeit von 9,4 Prozent. Bezogen auf die Patienten mit einem positiven Screeningtest waren es 21,7 Prozent.
4 Jahre später wurden die Patienten erneut untersucht. Dieses Mal fiel der Screeningtest bei 203 Patienten positiv aus, von denen die Psychiater bei 15 Patienten eine PTBS diagnostizierten. Die Prävalenzen betrugen 3,1 Prozent (bezogen auf die Gesamtgruppe) und 6,1 Prozent (bezogen auf die Patienten mit positivem Screeningtest).
Damit hatte ein Drittel der Patienten, bei denen einen Monat nach der Diagnose eine PTBS diagnostiziert wurde, die Störung auch 4 Jahre später nicht überwunden.
Auffällig war, dass Brustkrebspatientinnen bei der ersten Untersuchung 6 Monate nach der Diagnose 3,7-fach seltener als andere Patienten an einer PTSD litten. 4 Jahre später war die Prävalenz genauso hoch wie bei anderen Krebsüberlebenden. Chan führt dies darauf zurück, dass die Brustkrebspatientinnen im Rahmen ihrer adjuvanten Therapie intensiv betreut werden. Nach dem Ende der Therapie würde sich dann aber auch bei ihnen das PTBS bemerkbar machen.
Dass Krebspatienten mit PTBS in der Regel keine ärztliche Hilfe aufsuchen, führt Chan auf eine verbreitete „Kriegermentalität“ der Krebspatienten zurück. Diese seien der Ansicht, dass sie ihren Krebs „besiegt“ hätten und sind deshalb der Ansicht, dass sie auch ihre emotionalen Probleme selbst in den Griff bekommen müssen. Sich an einen Arzt zu wenden, werde von den Krebsbesiegern als Eingeständnis ihrer Schwäche abgelehnt.
Der Verzicht auf professionelle Hilfe bei PTBS kann laut Chan ungünstige Folgen für die Krebsheilung haben. Bei vielen Patienten würden Arzttermine eine Erinnerung an die Erkrankung auslösen. PTBS-Patienten könnte dies dann abhalten, notwendige Termine einzuhalten oder sich bei einem Rezidiv rechtzeitig an ihren Arzt zu wenden, befürchtet Chan.
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