Politik

Praxisgebühr und Arztkontakte: Mittwoch Thema im Bundestag

  • Dienstag, 20. März 2012
dpa
BU

Berlin – Der Bundestagsabgeordnete Harald Weinberg (Die Linke) hat angeregt, die Zahl der Arztkontakte in Deutschland zu senken, indem man Patientenströme stärker steuert als bisher. Im Interview mit einer Journalistin des Bundestags-Presseteams schlug er am Dienstag eine stärkere Hausarztzentrierung oder Medizinische Versorgungszentren als erste Anlaufstelle für Patienten vor.

Viele Ärzte, mit denen er gesprochen habe, plädierten dafür, dass ihre Patienten die Kosten der Behandlung zunächst selbst übernähmen und sie sich dann von ihrer Krankenkasse erstatten ließen, sagte Weinberg: „Doch das kann natürlich nicht unser Weg als Linke sein, dass der Patient in Vorleistung gehen muss. Es steht zu befürchten, dass dann notwendige Arztbesuche wieder nicht stattfinden.“

Weinberg räumte ein, er halte die Zahl der Arztbesuche „für ziemlich hoch“. Er forderte allerdings, die Gründe dafür zu analysieren. Versicherte holten sich beispielsweise eine zweite oder dritte Meinung von Fachärzten, dies treibe die Zahl nach oben. Hinzu kämen restriktive Bestimmungen in Bezug auf Arbeitsunfähigkeitsbestimmungen: „Ein Arbeitnehmer muss, wenn er krank ist, innerhalb von drei Tagen eine Bescheinigung des Arztes beim Arbeitgeber vorlegen.“

Weinberg äußerte sich kurz vor der routinemäßigen nächsten Befragung der Bundesregierung im Parlament. Am Mittwoch, dem 21. März will er in diesem Rahmen von der Bundesregierung wissen, wie ihre aktuellen Pläne in Bezug auf die Praxisgebühr sind. Über Pro und Contra einer Abschaffung wird in der Koalition seit Tagen diskutiert. Weinberg, Obmann der Linksfraktion im Gesundheitsausschuss, hält die Praxisgebühr für unbrauchbar und unsozial.

Über die seit langem umstrittene Praxisgebühr und ihre Steuerungswirkung wird auch deshalb so heftig diskutiert, weil es Zweifel an der bisher regelmäßig genannten hohen Zahl an Arztkontakten in Deutschland gibt. Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (ZI) hatte Mitte Februar eine Analyse zu den Arztkontakten im Jahr 2007 vorgelegt. Grundlage waren die damaligen Abrechnungsdaten der Vertragsärzte.

Danach betrug die bundesweite mittlere Arztkontaktzahl zwar 17 je Versicherten. Allerdings entfiel die Hälfte aller Arztkontakte auf nur 16 Prozent der Versicherten. Das ZI wies darauf hin, dass die häufig genannte Zahl von durchschnittlich 18 Arztkontakten durch eine kleine Patientengruppe mit sehr vielen Arztbesuchen zustande gekommen sei.

Dies seien Kranke, die besonders intensiv versorgt würden, beispielsweise ältere Menschen oder solche mit mindestens einer im morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich erfassten Krankheit. Die höchste Anzahl an Arztkontakten hatten beispielsweise Patienten nach Organtransplantationen: Sie waren im Schnitt mehr als 53 Mal beim Arzt.

Das ZI hatte darüber hinaus darauf hingewiesen, dass die hohe Zahl an angeblichen Arztkontakten auch durch die umfangreiche Auflistung zustande kommt: „Als Kontakt werden neben einer Konsultation des Arztes sowohl die Abholung eines Rezeptes beziehungsweise einer Überweisung als auch ein telefonischer Kontakt gewertet, sofern sie zu einer Abrechnung führen“, heißt es in der Analyse.

Rie

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