Ärzteschaft

Psoriasis: Bundesregierung ignoriert WHO-Beschluss

  • Freitag, 28. Oktober 2016

Berlin – Die Bundesregierung hat bisher nicht hinreichend auf die Appelle der Welt­ge­sund­heitsorganisation (WHO) reagiert, in der Öffentlichkeit mehr Bewusstsein für Psori­a­sis zu schaffen. Ihrem Ärger an der fehlenden Unterstützung im Kampf gegen Versor­gungs­defizite und Stigmatisierung der Betroffenen haben Ärzte und Betroffene heute an­lässlich des morgigen Weltpsoriasistags Luft gemacht.

„Die Bundesregierung ignoriert die Resolution und die über zwei Millionen Menschen mit Schuppenflechte in Deutschland“, sagte Ottfrid Hillmann, Vorsitzender des Deutschen Pso­riasis Bundes, mit Blick auf eine bereits 2014 von der WHO verabschiedete Reso­lu­tion. Mit ihr wurde die Schuppenflechte in den Kreis jener nicht-ansteckenden Erkran­kun­gen aufgenommen, die international einer größeren Anstrengung bedürfen, um die medizinische Versorgung zu verbessern.

„Bisher hat das Bundesministerium auch nicht den Anliegen von Patientenorgani­sationen und Dermatologen entsprochen, an die bereits bestehenden erfolgreichen Projekte an­zu­knüpfen und mit ihnen zusammenzuarbeiten“, fügte Matthias Augustin, Leiter des Com­­petenzzentrums für Versorgungsforschung in der Dermatologie (CVderm), hinzu.

Erst kürzlich hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Global Report für Psoriasis vorgelegt, der feststellt, dass Menschen mit Psoriasis weltweit, auch in entwickelten Län­dern, nicht nur unter der erheblichen Krankheitslast, sondern auch unter einer inakzep­tab­len Stigmatisierung leiden. Gleichzeitig fordert die WHO ihre Mitgliedstaaten auf, mehr öffentliches Bewusstsein für die Erkrankung zu schaffen, Kampagnen gegen Stigmatisie­rung zu starten, für einen verbesserten Zugang zur Versorgung zu sorgen und die For­schung zur Psoriasis zu unterstützen. Dass das Bundesgesundheitsministerium nicht re­a­giere, stehe im Widerspruch zu den Verpflichtungen, die jeder Mitgliedstaat zur Umset­zung eines WHO-Beschlusses eingehe, kritisierte der Hamburger Dermatologe.

Dabei gibt es angesichts der Ausgrenzung von Schuppenflechtekranken im Alltag noch viel zu tun, wie das Beispiel von Martin Bäumer deutlich macht. Der an Psoriasis erkrank­te niedersächsische CDU-Landtagsabgeordnete sollte in einem Hotel in Berlin eine Son­derreinigungsgebühr von 30 Euro entrichten, weil sein Zimmer laut Hoteldirektion auf­­grund der Hautschuppen nicht zum „normalen“ Tarif gereinigt werden könne. Das Ma­na­ge­ment des Hotels habe sich letztlich zwar entschuldigt, aber das Ganze als einma­li­gen Fehler dargestellt, so der Landtagsabgeordnete. „Ich habe nicht das Gefühl gewonnen, dass man verstanden hat, was dort passiert ist“, berichtete Bäumer.

Welche Rolle die Dermatologen bei der Verbesserung der medizinischen Versorgung von Schuppenflechtekranken spielen, machte Ralph von Kiedrowski, Vor­stands­­mitglied des Berufsverbandes der Deutschen Dermatologen (BVDD), anhand eins im All­tag umsetz­ba­ren „Behandlungspfades Psoriasis“ deutlich. Von einer Gruppe nie­der­ge­lassener Haut­ärzte des Netzwerkes Onkoderm verfasst, stellt er eine praktische Um­set­zungs­em­pfehlung der S3-Leitlinie dar.

Dabei wurde unter anderem eine Untergliederung der Schweregradeinteilung bei Schuppen­flechte vorgenommen. Bislang gilt für die Therapieentscheidung die Differen­zierung zwischen leichter und mittelschwer/schwerer Ausprägung. Nun schlägt die Auto­rengruppe die Einführung einer „sehr schweren“ Verlaufsform vor. „Ziel des neuen Be­hand­lungspfades ist die Verbesserung der ambulanten Versorgung der Schuppen­flech­te, da trotz des WHO-Global-Report immer noch Versorgungsdefizite bestehen“, so von Kiedrowski.

EB

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung