Politik

Psychische Erkrankungen bei Flüchtlingen bereiten Experten Sorge

  • Montag, 10. Oktober 2016

Berlin – Ärzte und Vertreter von Hilfsorganisationen rufen zu einer besseren Behandlung von Flüchtlingen mit psychischen Erkrankungen auf. Viele Betroffene seien nicht nur etwa durch Kriege in ihren Herkunftsländern sondern auch durch Gewaltexzesse auf der Flucht schwerst traumatisiert, sagte der Geschäftsführer der deutschen Sektion von Ärzte ohne Grenzen, Florian Westphal, am Montag in Berlin. Hinzu komme eine meist mangelhafte medizinische Versorgung in den Flüchtlingscamps. Allein in Griechenland säßen derzeit rund 60.000 Menschen in oft überfüllten Lagern fest.

Der Generaldirektor des Internationalen Roten Kreuzes, Yves Daccord, warnte davor, die Herausforderungen der gesundheitlichen Betreuung von Flüchtlingen und Migranten zu unterschätzen. Bereits jetzt habe die Ausbreitung von psychischen Erkrankungen „epidemische Ausmaße“ erreicht. Die damit zusammenhängenden Themen werden nach Einschätzung von Daccord die politische Agenda der kommenden zehn Jahre bestimmen. Ohne Behandlung drohten ein oder zwei Generationen verloren zu gehen.

Westphal und Daccord äußerte sich beim achten Weltgesundheitsgipfel (World Health Summit) auf einer Podiumsdiskussion zu „Gesundheit von Migranten und Flüchtlingen“. Das bis Dienstag dauernde Treffen mit rund 1.800 Teilnehmern gilt als eines der wichtigsten Foren für globale Gesundheitsfragen.

Die frühere dänische Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt erinnerte daran, dass weltweit 65 Millionen Menschen auf der Flucht sind. Würden die Flüchtlinge in einem Staat leben, stünde dieser der Bevölkerung nach auf dem 21. Rang, so die Geschäfts­führerin von Save the Children International. Zugleich wäre der Anteil junger Menschen vergleichsweise hoch, ebenso wie das Bevölkerungswachstum. Beim Zugang zu Bildung oder Gesundheit bliebe das fiktive Land dagegen im internationalen Vergleich weit zurück. Das müsse sich dringend ändern.

Der Generaldirektor der Internationalen Organisation für Migration (IOM), William Lacey Swing, sagte, dass eine gute ärztliche Betreuung von Migranten auch deren Integration in den Aufnahmeländern erleichtere. Wie die Vertreter von Ärzte ohne Grenzen, dem Internationalen Roten Kreuz und Save the Children forderte Swing einen besseren Zugang für Flüchtlinge und Zuwanderer zu einer medizinischen Grundversorgung. Dafür müssen sich die Gesundheitssysteme des Westens nach Ansicht der Experten weiter öffnen; in den Entwicklungsländern dagegen gelte es, eine krisenfeste medizinische Infrastruktur aufzubauen; dort halten sich 86 Prozent aller Flüchtlinge weltweit auf.

kna

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