Psychische Krankheiten bei älteren Menschen häufiger als angenommen

Hamburg – Rund ein Drittel der 65 bis 85 Jahre alten Menschen hat im vergangenen Jahr unter einer psychischen Erkrankung gelitten. Rund ein Viertel ist aktuell psychisch krank. Das berichten Wissenschaftler um Martin Härter, Direktor des Instituts und der Poliklinik für medizinische Psychologie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) im British Journal of Psychiatry (2016; doi: 10.1192/bjp.bp.115.180463).
Für ihre Studie hatten die Forscher 3.100 Menschen im Alter von 65 bis 85 Jahren in Spanien, Großbritannien, Deutschland, Italien, Israel und in der Schweiz standardisiert befragt. Dafür hatte das Team ein neues Diagnostikinstrument in Form eines computerbasierten Interviews mit vereinfachten Sätzen entwickelt. „Ausgangspunkt war die Annahme, dass die gültigen Diagnoseverfahren für Erwachsene schlechter für die Diagnose von psychischen Krankheiten bei älteren Menschen geeignet sind“, erläuterte Härter.
Am häufigsten nannten die Befragten Angsterkrankungen (17 Prozent) und Depressionen (14 Prozent). „Wir brauchen bessere und verlässlichere Wege, um zu eruieren, ob ein älterer Mensch an einer psychischen Erkrankung leidet“, sagte die Erstautorin der Studie Sylke Andreas. Entscheidend sei außerdem, mehr psychotherapeutische Versorgungsangebote für Menschen im höheren Lebensalter zu etablieren, so die Wissenschaftlerin.
Die Studie erfasst die aktuelle sowie die sogenannte Ein-Jahres-Prävalenz. 2014 hatten Forscher um Yoichiro Takayanagi von der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health argumentiert, die übliche Methode, Lebenszeitprävalenzen von Depressionen und anderen psychischen Störungen retrospektiv zu erfassen, sei möglicherweise ebenso unzureichend und führe dazu, die Verbreitung der Erkrankungen zu unterschätzen.
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