Medizin

Zunehmende Depressionen und Hirnblutungen gehen häufig Demenz voraus

  • Dienstag, 3. Mai 2016
Uploaded: 03.05.2016 12:26:11 by lode
dpa

Rotterdam und Lille – Eine Depression, die sich im Verlauf der Jahre verstärkt, kann bei älteren Menschen ein erster Hinweis auf eine beginnende Demenz sein. Andere Verlaufsformen waren in einer prospektiven Beobachtungsstudie in Lancet Psychiatry (2016; doi: 10.1016/S2215-0366(16)00097-3) nicht mit einem erhöhten Demenzrisiko verbunden. Eine Studie in Lancet Neurology (2016; doi: 10.1016/S1474-4422(16)00130-7) zeigt, dass auch Hirnblutungen das Demenzrisiko deutlich erhöhen.

Viele Menschen mit Demenz leiden auch unter Depressionen, die häufig früher bemerkt werden als die Demenz. Nur die wenigsten älteren Menschen mit Depressionen werden allerdings dement. Eine Vorhersage war bisher nicht möglich. Arfan Ikram vom Erasmus University Medical Center in Rotterdam ging jetzt der Frage nach, ob bestimmte Veränderungen in der Symptomatik der Depression Hinweise für eine drohende Demenz liefern. Eine prospektive Langzeituntersuchung, die seit 1990 fast 15.000 Einwohner der niederländischen Stadt begleitet, bestätigen die Vermutung.

Von 3.325 Teilnehmern, die zu Beginn der Studie bereits 55 Jahre oder älter waren, sind bisher 434 an einer Demenz erkrankt. Ikram setzte diese Diagnose mit dem mentalen Zustand der Teilnehmer in Beziehung, die zu drei Zeitpunkten (1993-95, 1997-99 und 2002-04) auf depressive Symptome untersucht worden waren. Darunter waren 255 Personen, deren Depressionen von Untersuchung zu Untersuchung zugenommen hatten. Von diesen erkrankten 55, also 22 Prozent, später an einer Demenz.

Das Risiko war in dieser Gruppe um 42 Prozent höher als bei Personen, die zu Beginn der Studie allenfalls geringe Symptome einer Depression zeigten und bei denen sich die Symptome im Verlauf der Zeit nicht verschlechterten. Die Hazard Ratio von 1,42 (95-Prozent-Konfidenzintervall 1,05 bis 1,94) verstärkte sich noch, wenn Schlaganfälle als konkurrierendes Demenzrisiko in der Analyse berücksichtigt wurden. Die Hazard Ratio betrug jetzt 1,58 (1,15-2,16).

Bei anderen Verlaufsformen der Depressionen war das Demenzrisiko nicht erhöht. Dies waren Menschen, die zu Beginn der Studie oder im Verlauf der Zeit eine schwere Depressionsepisode durchlebten, sich später aber davon erholten. Auch Personen, die über die Zeit unter konstant hohen Symptomen litten, erkrankten später nicht häufiger an einer Demenz. Ikram schließt daraus, dass allein die allmähliche Zunahme der depressiven Symptome eine beginnende Demenz ankündigen kann (aber nicht unbedingt muss, da auch in dieser Gruppe nur eine Minderheit erkrankte). Andererseits müssen Menschen, die eine schwere Depression durchlebt haben, nicht befürchten, dass die Erkrankung ihr Gehirn anfälliger für eine spätere Demenz macht.

Menschen, die einen ischämischen Schlaganfall erlitten haben, erkranken zu 10 Prozent innerhalb eines Jahres an einer Demenz. Noch höher ist das Risiko nach einer intrazerebralen Blutung, wie ein Team um Charlotte Cordonnier von der Universität Lille herausgefunden hat. Die Forscher analysierten die Daten der Prognosis of Intracerebral Haemorrhage oder PITCH-Kohorte, eine Gruppe von 560 Patienten (Durchschnittsalter 67,5 Jahre), die in Lille wegen eines hämorrhagischen Schlaganfalls behandelt worden waren. Ein Jahr später waren bereits 14,2 Prozent der überlebenden Patienten an einer Demenz erkrankt.

Nach vier Jahren betrug die Inzidenz 28,3 Prozent. Am stärksten gefährdet waren Patienten mit einer lobären Blutung. Ein besonders ominöses Zeichen waren Eisenablagerungen (superfizielle Siderose) und eine hohe Anzahl von Mikroblutungen.

rme

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