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Radioaktives C-14 aus Forschungsreaktor entwichen

  • Montag, 18. Mai 2020
ayern, Garching - Der Forschungsreaktor München II (FRM II) steht auf dem Gelände der Technischen Universität München (TUM) im Norden der bayerischen Landeshauptstadt. /picture alliance, Peter Kneffel
Der Forschungsreaktor München II (FRM II) steht auf dem Gelände der Technischen Universität München (TUM) im Norden der bayerischen Landeshauptstadt. /picture alliance, Peter Kneffel

Garching – Am Forschungsreaktor FRM II in Garching bei München ist radioaktives C-14 ausgetreten. Der Jahresgrenzwert des radioaktiven Nuklids sei überschritten worden, teil­te die Technische Universität München (TUM) als Betreiberin mit. Für Menschen und Um­welt habe zu keiner Zeit Gefahr bestanden, betonten die Betreiber sowie das bayerische Umweltministerium als atomrechtliche Aufsichtsbehörde.

Es sei eine „geringfügige Überschreitung“ des in der Betriebsgenehmigung festgelegten Wertes bei der C-14-Ableitung über den Kamin in die Atmosphäre festgestellt worden, hieß es. Schon 2012 hatte es einen ähnlichen Vorfall mit niedrigeren Werten gegeben.

Der Jahresgrenzwert sei um rund 15 Prozent überschritten worden, sagte FRM-II-Spreche­rin Anke Görg. Eine Auswertung am vergangenen Donnerstag habe den Wert ergeben. Grund war den Angaben zufolge ein „individueller Fehler“ bei der Montage einer Trock­nungseinrichtung. Nach dem Austritt von C-14 im Jahr 2012 war das Verfahren laut Be­trei­bern verbessert worden.

Bei einer Ausschöpfung des Grenzwertes liege die theoretische Belastung der Bevölke­rung bei maximal drei Mikrosievert, so Görg. Das sei weniger als der Wert, dem ein Pa­tient bei einer Röntgenaufnahme beim Zahnarzt ausgesetzt sei. Er entspricht laut Tech­nischer Universität zugleich einem Prozent der laut Strahlenschutzverordnung zulässigen jährli­chen Strahlendosis von 300 Mikrosievert, die der Bevölkerung aus Ableitungen radioakti­ver Stoffe mit der Luft zuzumuten sei.

Ruf nach Konsequenzen

Grüne und Umweltschützer forderten Konsequenzen aus dem Vorfall. „Mit Über­schreitung des Jahresgrenzwerts für den C-14-Ausstoß darf der Reaktor in diesem Jahr nicht mehr an­gefahren werden“, sagte der Fraktionschef der Grünen im Landtag, Ludwig Hartmann. Es dürfe keine zusätzliche radioaktive Belastung der Menschen in der Nähe des Meilers geben.

„Wir müssen jetzt eine grundlegende Debatte über den Forschungsreaktor führen.“ Die neue Panne zeige, dass die Betreiber den Reaktor nicht im Griff hätten. „Das ist bei einem Atommeiler nicht hinnehmbar.“ Er glaube auch nicht an den „individuellen Fehler eines einzelnen Arbeiters“.

Der Vorsitzende des Bundes Naturschutz in Bayern, Richard Mergner, äußerte sich „sehr besorgt“ und forderte eine Stillegung. Er halte den Betrieb derzeit wegen der Nutzung von hochangereichertem Uran ohnehin für nicht mehr durch die Betriebsgenehmigung gedeckt.

Ähnlich äußerten sich Hartmann und Heinz Smital von Greenpeace. Der Forschungsreak­tor falle seit Jahren durch eine schlechte Sicherheitskultur auf, kritisierte Smital. Dies scha­de aber nicht nur der Umwelt, sondern auch dem wissenschaftlichen Betrieb. Wegen der Coronabeschränkungen steht der Reaktor seit dem 17. März still. Über mögliche Aus­wirkungen des Vorfalls für den weiteren Betrieb müsse das Umweltministerium in Bayern entscheiden, hieß es.

Dieses teilte mit, es habe einen Bericht zum Ereignis, dessen Ursachen und Abstellung angefordert. Der Reaktor werde nur mit Zustimmung des Ministeriums wieder anfahren. „Beim Betrieb des Forschungsreaktors Garching hat der Schutz der Bevölkerung und der Umwelt oberste Priorität“, betonte das Ministerium.

Das C-14, das etwa in der Archäologie zur Altersbestimmung organischer Materialien be­nutzt wird, hat laut Görg eine Halbwertzeit von 5.730 Jahren. Am FRM II entsteht es in Form von Kohlendioxid bei einer Kernreaktion im Reaktorbecken, das auch beim Still­stand des Reaktors gefüllt ist.

dpa

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