Politik

Rechtsanspruch auf Betreuung: Behinderte Kinder benachteiligt

  • Donnerstag, 24. August 2017

Berlin – Ab dem vollendeten ersten Lebensjahr haben Kinder bis zur Einschulung einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. Die Realität sieht bekanntlich anders aus. Vielfach gibt es Probleme, den Platz auch tatsächlich zu bekommen. Für Eltern, die ein behindertes Kind haben, stellen sich noch größere Hürden, wie der ehemalige Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe (CDU), heute erklärte.

Hüppe betonte, das Bundesfamilienministerium habe auf Anfrage zwar grundsätzlich einen gleichen Rechtsanspruch für Kinder mit Behinderung bejaht. Allerdings sei für diese nur der Regelbedarf abgedeckt. „Zunächst wird von gleichem Rechtsanspruch für alle Kinder gesprochen, doch beim genaueren Hinsehen, werden die zusätzlichen Kosten für den behinderungsbedingten Mehrbedarf nicht übernommen“, erläuterte Hüppe. Dies habe zur Folge, dass unter dreijährige Kinder mit Behinderung zurzeit „so gut wie keine Chance auf einen Betreuungsplatz sowohl in heilpädagogischen und inklusiven Betreuungseinrichtungen oder bei Tagesmüttern haben“.

Geteilte Zuständigkeiten sind problematisch

Für die über die Regelbetreuung hinausgehenden behinderungsbedingten Mehrkosten bei der Unterbringung in einer inklusiven Einrichtung müssten die Eltern des betroffe­nen Kindes Eingliederungshilfe beantragen, erklärte der ehemalige Behinderten­beauftragte der Bundesregierung. Dies sei für viele Eltern und auch viele Einrichtun­gen, die nicht auf den Mehrkosten sitzen bleiben wollen, eine Hürde.

Grund seien die geteilten Zuständigkeiten. Kinder mit körperlicher oder geistiger Behinderung fallen laut Hüppe unter die Regelungen der Sozialhilfe, Kinder mit einer seelischen Behinderung dagegen unter die Kinder- und Jugendhilfe. Dies erschwere inklusive Konzepte, betonte der CDU-Bundestagsabgeordnete. Er forderte eine einheitliche Regelung für alle Kinder, egal ob und mit welcher Art der Behinderung.

Verärgert zeigt sich Hüppe auch über die Antwort des Bundessozialministeriums auf seine Anfrage. Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller habe auf die Neuregelungen des im vergangen Jahr beschlossenen Bundesteilhabegesetzes verwiesen. Ab 2020 solle eine individuelle Unterstützung von Kindern mit Behinderung in Regeleinrichtun­gen möglich sein. „Möglich hört sich für mich auch nicht nach einem tatsächlichen Rechtsanspruch an“, so Hüppe.

Er forderte für Kinder mit Behinderung in Regeleinrichtungen umgehend einen Rechts­anspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz mit behinderungsbedingtem Mehrbedarfen. Alles andere sei „diskriminierend und widerspricht der UN-Behindertenkonvention“.

may/EB

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