Hortplatz: Mutter klagt gegen Extragebühr für behinderte Tochter
Lingen (Ems) – Weil sie für den Hortplatz ihrer behinderten Tochter deutlich mehr bezahlen muss als andere, hat eine Mutter aus Lingen Klage vor dem Sozialgericht Osnabrück eingereicht. Für die Tochter soll die Frau neben den regulären Gebühren von 220 Euro einen zusätzlichen Beitrag von 550 Euro aufbringen. Das Kind geht vormittags in eine Schule und wird nachmittags in einem Hort betreut.
Der Landkreis Emsland beruft sich auf das Sozialgesetzbuch, das in diesem Fall die Beteiligung der Eltern an den Kosten in angemessenem Umfang verlangt. Die Region Hannover nimmt in ähnlichen Fällen für Kinder mit und ohne Betreuungsbedarf hingegen den gleichen Gebührensatz. „Das ist super-widersprüchlich, dass das im selben Bundesland ganz anders gehandhabt wird“, sagte Andrea Salomon. Sie hat inzwischen Petitionen an den Bundestag und den Landtag eingereicht.
Hintergrund ist eine Gesetzeslücke, erläutert Stefanie Jäkel vom niedersächsischen Landesverband des Sozialverbandes Deutschland. Kosten für die Betreuung behinderter Kinder im Kindergarten können erstattet werden. Wechselt das Kind auf die Schule und besucht einen Hort, geht das nicht mehr. Der Sozialverband unterstützt die Klage vor dem Sozialgericht. Auch der Landkreis Emsland hofft, dass Klage und Petition die Situation klären könnten, sagte Kreissprecherin Anja Rohde. „Wir haben nach jetziger Gesetzeslage keinen Ermessensspielraum bei unserer Entscheidung.“
Das Land habe keine Weisungsbefugnis für diese kommunalen Entscheidungen, sagte eine Sprecherin des Sozialministeriums. Es werde aber nicht gern gesehen, wenn die Hortkosten für behinderte und nicht behinderte Kinder nicht gleich seien. Die Opposition ist andere Meinung. „Die rot-grüne Landesregierung hat es trotz entsprechender Ankündigung versäumt, eine einheitliche Regelung auf den Weg zu bringen“, bemängelte heute Gudrun Pieper, behindertenpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion. Sie kritisierte, statt eine einheitliche Regelung vorzugeben, schöben SPD und Grüne den Schwarzen Peter den Kommunen zu, die letztlich eine Entscheidung treffen müssten.
„Dies führt, wie am Beispiel Emsland ersichtlich, zu einer unterschiedlichen Rechtsauslegung bei der individuellen Festsetzung von Hortgebühren. Das ist ein Armutszeugnis für SPD und Grüne, die sich das Thema Inklusion auf die Fahnen geschrieben haben“, erklärte Pieper. Sie forderte schnellstmöglich eine eindeutige rechtliche Regelung. Ziel müsse es sein, dass Kinder mit und ohne Behinderung bei der Hortbetreuung in Niedersachsen gleich behandelt werden.
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