Reformvorhaben: Vertragsärzte gehen auf Parlamentarier zu

Berlin – Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) setzt in der Diskussion um eine ganze Reihe von kritisch bewerteten Gesundheitsgesetzen auf den Dialog mit den Abgeordneten aus dem Bundestag. Sie hat ein Schreiben an alle Parlamentarier verschickt. Tenor: „Sprechen Sie uns an – denn auch wir sind für Sie nah!“
„Sie sind in Ihren Wahlkreisen nah bei den Menschen und nah sind auch die mehr als 100.000 ärztlichen und psychoherapeutischen Praxen ihren Patientinnen und Patienten. Doch diese Nähe ist in Gefahr – und zwar als Folge gleich mehrerer gesundheitspolitischer Gesetze“, schreibt die KBV.
Nach der Sommerpause stünden zahlreiche Entscheidungen an, ob die Praxen auch in Zukunft noch die Menschen so verlässlich versorgen könnten, wie diese es gewohnt seien. Der KBV zufolge wird der Entwurf für ein Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz in seiner jetzigen Form nicht seinem Namen gerecht. Auch die Entwürfe für das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz oder das Notfallgesetz würden die Versorgung nicht stärken, sondern sogar schwächen.
„Keines dieser Gesetze schafft mehr Arztzeit, geschweige denn mehr Ärztinnen und Ärzte“, betont die KBV in dem Brief. Das Gegenteil sei der Fall. Sie machten Gründung, Übernahme und Betrieb einer Praxis noch unattraktiver. Dabei gehe es nicht alleine ums Geld. „Vorrangige Aufgabe ist die medizinische und psychotherapeutische Behandlung der Menschen, die sich insgesamt rund 578 Millionen Mal pro Jahr an die Praxen wenden.“
Die KBV moniert, im Alltag drängten sich mehr und mehr Fremdaufgaben wie Bürokratie, Service für die Krankenkassen oder IT-Fehlerbehebung in den Vordergrund. All das führe dazu, dass der ärztliche und psychotherapeutische Nachwuchs viel zu oft die einst so beliebte Niederlassung scheue und zu viele Medizinische Fachangestellte und andere nicht ärztliche Fachberufsgruppen auf Abstand zur Arbeit in einer Praxis gingen.
Darüber hinaus ignorierten die aktuellen Pläne des Gesetzgebers den medizinischen Fortschritt sowie die Evidenz, die klar für eine weitere Ambulahtisierung spreche. Daher sei eine echte Strukturreform der Krankenhäuser nur gemeinsam mit einer Stärkung der ambulanten Versorgung möglich.
„Noch stehen die Praxen bereit“, so die KBV. Ohne diese werde es nicht möglich sein, die gute Versorgung fortzuführen, die alle „so sehr schätzen und brauchen“. Ohne Praxen „um die Ecke“ geht aus Sicht der KBV ein unverzichtbarer Baustein für den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft verloren.
„In den Praxen wird täglich das gelebt, was uns zusammenhält: die Nähe zu den Menschen. Diese darf die Politik nicht aufs Spiel setzen.“ Das Leben und die Gesundheit der Patienten verdienten „eine mit Weitsicht und Augenmaß durchdachte Gesundheitspolitik, statt wohltaktischer Schnellschüsse“.
Die KBV bietet den Abgeordneten Gespräche an, thematisieren wolle man „wie das Gesundheitsversorgungsgesetz, das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz oder auch das Notfallgesetz dazu beitragen können, die Versorgung wirklich zu verbessern und zu stärken“.
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