Politik

Regierung fürchtet mehr Kinderarmut, Scholz kündigt bald Schritte an

  • Donnerstag, 18. August 2022
/picture alliance, Kay Nietfeld
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Berlin – Die Energiepreiskrise stürzt viele Menschen nach Angaben von Verbraucherschützern und Bundes­regierung in Verzweiflung und droht die Kinderarmut wachsen zu lassen. Heute stellte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) das geplante neue Entlastungspaket für die kommenden Wochen in Aussicht. Es soll Bürgern gegen Inflation und hohe Energiepreise helfen.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) sagte, die Gefahr, dass die Kinderarmut zunehme, sei „groß“. Viele Menschen, gerade Familien mit Kindern, stünden wegen der Preisentwicklung mit dem Rücken zur Wand, sagte Paus dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Es geht inzwischen um die Existenz.“ Deshalb müsse die Regierung mit weiteren Entlastungen gegensteuern.

Die Vorsitzende der Verbraucherzentrale Bundesverband, Ramona Pop, sagte, viele Ratsuchende fragten, wie sie über Herbst und Winter kommen sollten. „Viele Menschen sind verzweifelt“. Beschwerden im Bereich Gas hätten sich im Vergleich zum Vorjahr versiebenfacht, beim Strom verdreifacht, teilte Pop mit. Immer häufiger müssten die Energieberater der Verbraucherzentralen Sozialberatung machen.

Der Kanzler sagte heute in Berlin, mit dem Entlastungspaket solle der große Druck, der auf vielen Bürgern und Unternehmen laste, gemildert werden. „Wie das Paket genau aussieht, besprechen wir vertrauensvoll in der Regierung. Die Gerechtigkeitsfrage ist entscheidend, damit das Land in dieser Krise zusammenhält.“ Der SPD-Politiker wiederholte den Spruch: „You'll never walk alone.“

Bei einem Auftritt im brandenburgischen Neuruppin am Vorabend hatte Scholz gesagt, die bisherigen Be­schlüsse der Ampel-Koalition brächten den Bürgern 30 Milliarden Euro, und noch nicht alles davon sei ange­kommen. Es sei klar, dass noch mehr passieren müsse. Darüber werde die Regierung „in den nächsten Tagen“ entscheiden. Sein Auftritt war von lauten Protesten begleitet.

Verbraucherschützerin Pop erläuterte, die Gasumlage mache nur einen kleinen Teil der Preissteigerung aus. „Mit der Nebenkostenabrechnung im Frühjahr aber kommt erst die große Abrechnung.“ Das dürfte bei den Verbrauchern stark negativ zu Buche schlagen – „und leider kein einmaliges Ereignis bleiben, denn auch in den Jahren darauf dürften die Energiepreise hoch bleiben“.

Vertreterinnen der Jugendorganisation der SPD warnten, dass die hohen Energiekosten auch junge Leute und selbst Menschen mit mittleren Einkommen in eine „Armutsspirale“ treiben könnten.

Juso-Chefin Jessica Ro­sen­thal und ihre Vize Manon Luther forderten in der Rheinischen Post und in den Zei­tungen der Funke Medien­gruppe einen Gaspreisdeckel. Ablehnend äußerten sie sich zur ab Oktober gelten­den Gasumlage. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) setze damit „sozial ungerechte Politik“ um, sagte Rosenthal.

Der Chef der Jungen Union (JU), Tilman Kuban, hält ein Jugendenergiegeld von 500 Euro mindestens bis Ende des Jahres für das richtige Mittel, um junge Menschen in der derzeitigen Situation zu entlasten. Es brauche eine Lösung, „die gleichermaßen Studenten und Azubis unbürokratisch und ohne Unterscheidung der Art der Ausbildung hilft“, sagte er den Funke-Zeitungen.

Pop bekräftigte ihre Forderung nach kurzfristigen Entlastungen im Zuge der Gasumlage: „Im Herbst muss ein neues Entlastungspaket kommen.“ Gerade für Menschen mit geringem Einkommen seien die letzten Monate schon eine Belastung gewesen – und manche Entlastungen wie das 9-Euro-Ticket sollten schon wieder auslaufen.

„Die großen Reformen beim Wohngeld und beim Bürgergeld kommen erst 2023“, sagte die Verbraucher­schüt­zerin. „Es ist gut, wenn diese strukturellen Verbesserungen kommen. Dann sind aber Übergangslösungen im Herbst nötig.“ Pop plädierte dafür, dass beim Thema Heizkosten angesetzt werde. „Denn die Heizperiode be­ginnt bald. Und deutlich höhere Abschläge zeichnen sich ab.“

dpa

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