Ärzteschaft

Reinhardt drängt auf einheitliche Triage-Gesetze in den Bundesländern

  • Mittwoch, 5. November 2025
Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt /picture alliance, Michael Kappeler
Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt /picture alliance, Michael Kappeler

München – Der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Klaus Reinhardt, pocht auf bundesweit einheitliche Gesetze zur Triage, also zu lebensrettenden medizinischen Maßnahmen. Er fände es hochproblematisch, wenn es in unterschiedlichen Ländern zu dieser Fragestellung unterschiedliche Regelungen gäbe, sagte Reinhardt dem Bayerischen Rundfunk heute in München.

Auf die Frage, wie sich verschiedene Regeln in den einzelnen Bundesländern verhindern ließen, antwortete Reinhardt: „Indem vielleicht die Landesgesetzgeber sich dann doch koordinieren und sich disziplinieren, an dieser Stelle eine einheitliche Regelung für das Land zu finden, das ist ja möglich.“

Der BÄK-Chef ergänzte: „Die Triage, von der wir hier jetzt sprechen, die ist natürlich ausgelöst durch die Diskussion in der Pandemie, da handelt es sich natürlich im Wesentlichen um Beatmungsplätze in der Intensivmedizin.“ Diese Situation sei allerdings auch während der Pandemie immer eine theoretische geblieben.

Hintergrund von Reinhardts Äußerungen ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von gestern zum bisher gültigen Infektionsschutzgesetz des Bundes zur Triage. Der Passus im Gesetz war damals aufgrund eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts von Ende 2021 eingefügt worden.

Zugrunde lag damals eine Beschwerde von Menschen mit Behinderungen, die den Gesetzgeber dazu aufgerufen hatten, dafür zu sorgen, dass sie im Fall einer Triage – etwa bei einer möglichen künftigen Pandemie – nicht benachteiligt werden. Das oberste Gericht hatte von der Politik eine Lösung verlangt.

Die damals gefundene bundesweite Lösung ist aber nun für verfassungswidrig erklärt worden, da der Bund keine Gesetzgebungskompetenz in der Frage hatte und das Gericht diese bei den Bundesländern sieht. Laut Beschluss des Ersten Senats ist zudem der Eingriff des Bundes in die Berufsfreiheit von Ärzten verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.

Unter Menschen mit Behinderungen habe die damalige Triage-Regel zu einem Aufatmen geführt, weil viele die Sorge gehabt hätten, in der Krise benachteiligt zu werden, schreibt der Deutsche Behindertenrat (DBR). Umso größer sei nun die Enttäuschung.

„Damit werden Menschen mit Behinderungen in Krisensituationen zunächst einmal schutzlos gestellt. Das ist fatal“, sagte Martin Danner, Koordinator des DBR-Arbeitsausschusses. Er betonte, die Berufsausübungsfreiheit der Mediziner dürfe nicht einseitig zulasten der Menschen mit Behinderungen „verabsolutiert werden“.

Weil die Regelungen nicht nur auf die Pandemie anzuwenden seien, seien Entscheidungen über das Vorgehen aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts Ländersache. Das bedeute, es werde möglicherweise auch in Zukunft keine einheitliche Regelung dazu geben.

„Wir befürchten, dass das zu einem Flickenteppich führen wird, der den Schutz von Menschen mit Behinderungen nicht sicherstellen kann“, sagte Danner. „Doch dieser Schutz von Menschen mit Behinderungen hat auch Verfassungsrang.“

kna

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