Religiöse Überzeugungen in psychiatrisch-psychotherapeutischer Versorgung immer wichtiger
Berlin – Auf die besondere Bedeutung religiöser und spiritueller Überzeugungen von Patienten in der Psychotherapie und Psychiatrie hat die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) hingewiesen. „So begegnen wir zum Beispiel Patienten, die an Geister glauben, zwanghaft beten oder religiöse Endzeiterwartungen haben“, berichtet die Fachgesellschaft in einem neuen Positionspapier. Diese Überzeugungen könnten für Menschen mit psychischen Erkrankungen eine wichtige Ressource sein, gleichzeitig aber auch die psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung erschweren.
Die DGPPN gibt in dem Positionspapier daher Empfehlungen zum Umgang mit Religiosität und Spiritualität in der Versorgung und betont die Wichtigkeit interkultureller Kompetenz im Umgang mit den Patienten. „Ohne Verständnis für diese Besonderheiten besteht die Gefahr, dass religionsspezifische Tabus und Grenzen in der Therapie unwissentlich verletzt werden. Interkulturelle Kompetenzen – gerade in Bezug auf Religion und Weltanschauung – sind deshalb in der Versorgung unverzichtbar“, erläutert Michael Utsch, der bei der DGPPN das Fachreferat für Religiosität und Spiritualität leitet. Von zentraler Bedeutung sei, dass die Behandler im klinischen Alltag erkennen, ob der Glaube bei einer psychischen Erkrankung Teil des Krankheitsbildes ist oder sich als Ressource in die Behandlungsstrategie einbinden lässt, so Utsch.
Laut der Fachgesellschaft sind religiöse und spirituelle Themen in der Psychiatrie und Psychotherapie noch nicht ausreichend fachlich reflektiert und beforscht. „Dies ist umso wichtiger, da neben den klassischen Religionen ein ausufernder psycho-spiritueller Lebenshilfemarkt entstanden ist, auf dem zum Teil fragwürdige Angebote vorgehalten werden“, heißt es in dem Positionspapier. Die DGPNN fordert deshalb neue Initiativen für Deutschland, die das Thema in der Forschung, Lehre, Aus- und Weiterbildung sowie in der klinischen Arbeit vorantreiben.
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