Medizin

Röntgen beim Zahnarzt als Meningeomrisiko

  • Dienstag, 10. April 2012
Uploaded: 10.04.2012 19:30:35 by mis
dpa

New Haven – Röntgenaufnahmen beim Zahnarzt können einer Fall-Kontroll-Studie in Cancer (2012; doi: 10.1002/cncr.26625) zufolge ein Meningeom auslösen. Das Risiko war allerdings nur bei häufigen Aufnahmen und einer heute nicht mehr verwendeten Dosis erhöht.

US-amerikanische Zahnärzte röntgen offenbar gern und häufig. Die Leitlinien der American Dental Association empfehlen bei gesunden Kindern alle 1 bis 2 Jahre eine Röntgenkontrolle, bei Teenagern wird das Intervall auf 1,5 bis 3 Jahre, bei Erwachsenen aus 2 bis 3 Jahre verlängert, wobei Panoramaschichtaufnahmen die Regel sind.

Hinzu kommen Bissflügelaufnahmen der erkrankten und behandelten Zähne. Die Strahlenexposition dürfte deshalb höher sein als hierzulande, und sie war in der Vergangenheit höher als heute, da die Strahlensicherheit bei Zahnärzten lange Zeit kein Thema war. Im Jahr 2006 ermahnte der US-Fachverband seine Kollegen, dass Röntgenaufnahmen bei beschwerdefreien Patienten eigentlich keinen Sinn ergeben.

Auf eine mögliche Folge ungehemmten zahnärztlichen Röntgens weist jetzt die Chirurgin Elizabeth Claus von der Yale Universität in New Haven/Connecticut hin, die seit Jahren die Ursachen des Meningeoms erforscht. Aus der Nachbeobachtung von Überlebenden der Atombomben in Hiroshima und Nagasaki ist bekannt, dass ionisierende Strahlung ein Meningeom (und übrigens auch maligne Gliome) auslösen kann. Das Risiko der Überlebenden war 6 bis 10-fach erhöht. Auch eine medizinische Radiotherapie kann laut Claus ein Meningeom auslösen. Die Latenzzeit beträgt allerdings in der Regel mehrere Jahrzehnte.

Der Einsatz von Röntgenstrahlen bei zahnärztlichen Untersuchungen zählte bisher nicht zu den Risikofaktoren. Für ihre Studie hat Claus 1.433 Meningeom-Patienten und 1.350 Kontrollen interviewen lassen. Dabei wurden auch detaillierte Fragen zur zahnärztlichen Anamnese und den Röntgenuntersuchungen gestellt. Es gibt verscheidende Arten von Röntgenuntersuchungen. Bei den Bissflügelaufnahmen werden gezielt einzelner Zähne geröntgt.

Der Patient fixiert dabei den Röntgenfilm durch eine bestimmte Bisshaltung. Diese Untersuchung wird bei erkrankten Zähnen und zur Kontrolle der Behandlung durchgeführt. Fast alle Befragten erinnerten sich an solche Aufnahmen, bei einigen waren sie einmal oder häufiger im Jahr durchgeführt worden. Diese hohe Frequenz war in den verschiedenen Altersgruppen mit einem um 40 bis 90 Prozent erhöhten Meningeomrisiko assoziiert.

Eine andere häufige Aufnahme sind die Panoramaschichtaufnahmen. Dabei wird das gesamte Gebiss dargestellt. Die Röntgendosis ist entsprechend höher, ebenso die Streustrahlung. Bei Kindern vor dem 10. Lebensjahr war eine solche „Panorex“-Aufnahme mit einem 4,9-fach erhöhten Meningeom-Risiko assoziiert. In den anderen Altersgruppen stieg das Risiko mit der Zahl der „Panorex“-Aufnahme um den Faktor 2,7 bis 3,0.

Da die Strahlendosis in den letzten Jahrzehnten verringert wurde, können die Ergebnisse nicht eins zu eins auf die derzeitigen Röntgen-Untersuchungen übertragen werden. Claus weist aber darauf hin, dass zahnärztliche Untersuchungen für US-Amerikaner auch heute nicht die wichtigste Expositionsquelle für ionisierende Strahlen ist.

rme

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