5 Fragen an...

Entlassmedikation: Patienten loben Modellprojekt

  • Donnerstag, 11. August 2011

Berlin – Wer bei den heutigen kurzen Liegezeiten aus dem Krankenhaus entlassen wird, hat manchmal Mühe, einen weiterbehandelnden Vertragsarzt zu finden und die notwendigen Medikamente zu erhalten. In einem Modellprojekt in Rheinland-Pfalz haben fünf Krankenhäuser versucht, diese Situation zu entschärfen.

Für 850 Patienten wurde zunächst untersucht, ob und für wie lange sie bei der Entlassung Medikamente mitbekommen hatten. Dabei stellte sich heraus, dass nur rund zehn Prozent nicht alle Medikamente wie empfohlen erhalten konnten. Über die neuen Arzneimittel waren die meisten von einem Klinikarzt (rund 40 Prozent) beziehungsweise vom Pflegepersonal (rund 25 Prozent) informiert worden.

In der zweiten Phase überprüfte jeweils ein Krankenhausapotheker die Entlassmedikation und erläuterte sie dem Patienten in einem Beratungsgespräch. Basis war dabei eine Übersicht, unter anderem mit Fotos der Medikamente, Einnahmehinweisen und Einnahmegrund. Begleitend wurden die weiterversorgenden Ärzte und Apotheker über den Plan informiert. Die Patienten begrüßten diesen Ansatz als sehr hilfreich und fühlten sich sicherer, was sie wie einzunehmen hätten.

Irene Krämer, Präsidentin des Bundesverbandes Deutscher Krankenhausapotheker und Direktorin der beteiligten Apotheke des Universitätsklinikums Mainz, über das Projekt, dessen Unterstützung und seine Übertragbarkeit in die Regelversorgung.

Fünf Fragen an Irene Krämer

: Frau Professor Krämer, wer kam eigentlich auf die Idee für das Modellprojekt?

Krämer: Angeregt hat es im Grunde das Gesundheitsministerium in Rheinland-Pfalz. Und zwar, weil sich wohl mehrfach Patienten beschwert hatten, dass sie nach einer Entlassung aus dem Krankenhaus ohne Arzneimittel dagestanden hätten. Deshalb hatten wir zunächst die Idee, diese Situation zu analysieren und zu verbessern. Aber wir haben sehr schnell gemerkt, dass es nicht alleine um eine ausreichende Entlassmedikation geht, sondern auch um Informationen zu den mitgegebenen Arzneimitteln.

DÄ: Das Modellprojekt ist vor etwa anderthalb Jahren gestartet, demnächst wird es beendet, dann folgt die Publikation der Ergebnisse. Es ist bereits bekannt, dass die Patienten sehr angetan von der umfangreichen Aufklärung waren. Wie könnte dieser Ansatz weiterverfolgt werden?

Krämer: Ich kann schon jetzt sagen, dass wir die Patienten gern weiter so betreuen würden wie im Modellprojekt. Aber wir brauchen dazu den passenden rechtlichen Rahmen. Wir haben den Patienten an jedem Tag Arzneimittel bei der Entlassung mitgegeben, obwohl es gesetzlich nur vor Wochenenden und Feiertagen erlaubt ist. Notwendig wäre zudem eine dauerhafte Finanzierung dieses Angebots.

Wir benötigen schon 15 bis 20 Minuten, um einen Medikationsplan zu erstellen und, was noch wichtiger ist, ihn den Patienten zu erklären. Unsere Vorstellung wäre, dass wir dafür ein Entgelt in Höhe von etwa 40 Euro bekommen, und zwar als Zusatzentgelt im Krankenhaus. Wer die Leistung erbringt, soll sie so abrechnen können. Erste Gespräche mit der Krankenhausgesellschaft haben wir schon geführt.

DÄ: Wie haben die Ärzte auf den Service reagiert?

Krämer: Die Ärzte auf den einbezogenen Stationen in den fünf Kliniken fanden den Medikationsplan sehr gut und haben uns sehr unterstützt. Einige Bedenken hatten wir von den niedergelassenen Ärzten erwartet, aber auch sie waren erfreut, dass wir uns kümmern und ihre Patienten über die Medikamentengabe informieren.

DÄ: Ein häufiger Vorwurf lautet ja, dass Krankenhausärzte ihren Patienten zu viele und zu teure Medikamente mitgeben und die ambulant weiterbehandelnden Ärzte dann zusehen müssen, wie sie die Arzneimittel reduzieren und umstellen. In ihrem Modellprojekt hingegen waren die Kosten für die Entlassmedikamente sehr niedrig, oder täuscht das?

Krämer: Nein. Das liegt sicher daran, dass wir uns auch im Krankenhaus bei Standardarzneimitteln an die Leitsubstanzen halten. Für diese Arzneimittel sind in der Regel ja Rabattverträge abgeschlossen, weshalb sie auch nicht sehr teuer sind. Wir haben auch im Krankenhaus schon eine vernünftige Weiterversorgung der Patienten im Auge.

DÄ: Ärzte sehen es oft kritisch, wenn Apotheker Tätigkeiten übernehmen, die zum ärztlichen Aufgabenbereich gehören. Im Rahmen des Modellprojekts haben Krankenhausapotheker die Patienten über ihre Medikamente informiert. Waren damit wirklich alle Ärzte einverstanden?

Krämer: Ja, sogar sehr. Im Krankenhaus haben wir zunehmend das Problem, dass die Arbeitsbelastung für die Ärzte sehr hoch ist. Bei zunehmendem Ärztemangel sind die verbleibenden Ärzte auf die Unterstützung von anderen Berufsgruppen angewiesen und froh darüber.

Rie

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung