5 Fragen an...

„Prävention rückt bei Alzheimer in den Fokus“

  • Montag, 22. September 2014

Köln – In Deutschland leiden mehr als 1,4 Millionen Menschen an einer Demenz. Schätzungen zufolge soll die Zahl der Patienten mit Demenz bis zum Jahr 2050 auf etwa drei Millionen steigen. Das Deutsche Ärzteblatt fragte den Demenzexperten Richard Dodel nach neuen Entwicklungen rund um die Alzheimer-Demenz.

Uploaded: 22.09.2014 09:36:04 by mis
Richard Dodel

5 Fragen an Prof. Dr. med. Richard Dodel ist kommissarischer Leiter der Klinik für Neurologie der Uniklinik Gießen/Marburg, Standort Marburg

DÄ: Wie ist der Stand bei der Behandlung von Alzheimer-Demenz? Erwarten Sie in der nächsten Zeit einen Durchbruch oder erhebliche Fortschritte?
Dodel: Wir verfügen im Augenblick über keine kausale, krankheitsmodifizierende Therapie. Diese zeichnet sich leider auch noch nicht ab. Im Augenblick ist daher die Prävention stark in den Fokus gerückt.

DÄ: Welche Konzepte werden erprobt?
Dodel: Ein Ansatz ist, Gefäß- und weitere Demenz-Risikofaktoren zu reduzieren, also Diabetes, Bluthochdruck, Rauchen, körperliche Inaktivität und andere. Eine kürzlich in Lancet Neurology erschiene Studie berichtet zum Beispiel, dass es im Jahr 2050 8,3 Prozent weniger Alzheimer-Erkrankungen geben könnte, wenn die sieben dort unter­suchten Risikofaktoren sich jeder um zehn Prozent reduzieren ließen.

DÄ: Was ist der wichtigste Risikofaktor?
Dodel: Interessanterweise scheint nach dieser Studie weltweit gesehen ein niedriges Bildungsniveau der wichtigste bevölkerungsbezogene Risikofaktor zu sein. In den west­lichen Industriestaaten spielt Studien zufolge die körperliche Inaktivität die wichtigste Rolle.

Vor dem Hintergrund dieser und anderer epidemiologischer Studien sind die Hoch­rechnungen über die Zahl der Demenzkranken mit Vorsicht zu interpretieren, also die bekannte Zahl von etwa drei Millionen im Jahr 2050. Es sind eben wirklich nur Hoch­rechnungen. Trotzdem gehen wir davon aus, dass die Zahl der Patienten steigt.

DÄ: Sind unsere Versorgungsstrukturen darauf ausreichend eingestellt?
Dodel: Sicher nicht. Ein Beispiel ist die Versorgung von Demenzpatienten mit körper­lichen Erkrankungen. Wenn Patienten mit Demenz in ein Krankenhaus müssen, zum Beispiel mit einem Beinbruch, überfordert das die Ärzte und das Pflegepersonal häufig. Solche Situationen kommen sehr oft vor. Mögliche Lösungen dafür sind Spezialstationen für Demenzkranke, Schulungen für das Personal zum Umgang mit den Kranken und anderes. Es gibt hierfür schon einige Konzepte, aber sie müssen in den Kliniken noch breiter umgesetzt werden.

DÄ: Ein weiteres Problem ist die häusliche Betreuung von Demenzkranken…
Dodel: Richtig. Die meisten Demenzkranken leben zu Hause und werden dort betreut. Das ist für die Angehörigen oft eine große Belastung – auch gesundheitlich. Häufig sind die Ehepartner ja auch schon älter und leiden unter Vorerkrankungen. Konzepte für die Betreuung der Patienten und die Entlastung der Angehörigen müssen sich aber immer nach regionalen Besonderheiten richten. Zum Beispiel leben die Patienten in manchen Regionen Deutschlands oft noch mit Kindern und Enkeln im gleichen Haus. In den Großstädten haben sich diese Familienstrukturen dagegen längst aufgelöst. Es ist in Zukunft entscheidend, die in den Regionen vorhandenen Strukturen sinnvoll zu ergänzen.

hil

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