Abkommen zu Getreideexport aus Ukraine verlängert

Istanbul – Kurz vor seinem Ablaufdatum ist das Abkommen zum Getreideexport aus dem Kriegsland Ukraine um zwei Monate verlängert worden. Das teilte der Staatschef der als Vermittlerin beteiligten Türkei, Recep Tayyip Erdogan, gestern mit. Die Vereinten Nationen reagierten erleichtert und unterstrichen die Bedeutung des Abkommens für die globale Lebensmittelversorgung.
Das Abkommen war im Juli 2022 unterzeichnet worden, um trotz des russischen Angriffskriegs die sichere Ausfuhr ukrainischen Getreides durch einen Schutzkorridor im Schwarzen Meer zu ermöglichen. Ohne eine neue Vereinbarung wäre das Getreideabkommen heute ausgelaufen. Nun gilt es vorerst bis zum 18. Juli.
„Dank der Bemühungen unseres Landes, der Unterstützung unserer russischen Freunde, des Beitrags unserer ukrainischen Freunde wurde beschlossen, das Getreideabkommen im Schwarzen Meer um zwei weitere Monate zu verlängern“, erklärte Erdogan.
Die Regierung in Kiew dankte der Türkei sowie der ebenfalls an dem Abkommen beteiligten UNO für die Verlängerung. Kiew sei „unseren Partnern dankbar“ für ihre Anstrengungen, „die Lebensmittelsicherheit zu stärken“, schrieb der Infrastrukturminister Oleksandr Kubrakow im Kurzbotschaftendienst Twitter.
Zugleich mahnte Kubrakow allerdings eine „effektive“ Umsetzung des Abkommens an. „Es ist notwendig, alle Probleme zu beseitigen, die Russland über mehrere Monate hinweg geschaffen hat“, erklärte er. Kiew wirft Moskau vor, Getreidefrachter an der Fahrt zu hindern, indem es deren Registrierung verweigere und längliche Inspektionen vornehme.
Das Abkommen sieht gemeinsame Inspektionen der Frachter durch Vertreter der Ukraine, Russlands, der Türkei und der UNO in Istanbul vor. „Beinahe 70 Schiffe warten derzeit in türkischen Gewässern, 90 Prozent davon sind bereit, die Produkte unserer Landwirte an die Welt zu liefern“, erklärte der ukrainische Infrastrukturminister.
Moskau bestätigte die Verlängerung des Getreideabkommens, zeigte sich aber ebenfalls unzufrieden mit der bisherigen Umsetzung. Die bestehenden „Missverhältnisse“ müssten „so schnell wie möglich korrigiert werden“, erklärte die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa. Das Abkommen erlaubt es Russland, trotz der gegen das Land verhängten Sanktionen Dünger und Lebensmittel zu exportieren. Moskau beklagt aber, dass diese Exporte dennoch erschwert würden.
UN-Generalsekretär António Guterres begrüßte die Verlängerung des Abkommens, weil dies der „globalen Lebensmittelsicherheit" helfe: „Ukrainische und russische Produkte ernähren die Welt.“ Guterres hob hervor, dass die Verlängerung des Abkommens die Fahrt eines Frachters mit 30.000 Weizen in Richtung des Krisenstaates Sudan ermögliche. Zugleich plädierte er für eine umfassendere und längerfristige Vereinbarung über die Getreideexporte.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) nannte die erzielte Einigung „gut für die Ukraine und die Menschen im globalen Süden“. Doch warf er Putin vor, das Abkommen immer wieder als „Druckmittel“ zu missbrauchen, um seine Interessen durchzusetzen.
Russland habe wiederholt Schiffe behindert und Kontrollen verzögert, „um Agrarexporte über das Schwarze Meer zu reduzieren und die Versorgungsdefizite in den Ländern zu vergrößern“, welche die Getreidelieferungen am meisten brauchten, erklärte Özdemir.
Ähnlich äußerte sich die US-Regierung: Die Verlängerung des Abkommens sei eine „gute Sache“, sagte der Nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan. Leider nehme Russland das Abkommen aber weiter „rhetorisch als Geisel“, indem es andeute, dass die Tage der Abkommens „gezählt“ seien.
Das Abkommen war im vergangenen Sommer unterzeichnet worden, um die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine auf die globale Nahrungsmittelversorgung abzumildern. Die Ukraine war vor der russischen Invasion im Februar 2022 einer der größten Getreideexporteure der Welt. Nach Beginn der Invasion hatten russische Kriegsschiffe zunächst die ukrainischen Schwarzmeerhäfen blockiert, was die Getreidepreise nach oben schießen ließ.
Im Rahmen des Abkommens wurden bislang mehr als 30 Millionen Tonnen Getreide und anderer Agrarprodukte exportiert. Die Verlängerung des Abkommens stand aber wiederholt auf der Kippe und kam immer nur nach harten Verhandlungen zustande.
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