Ausland

Abtreibungsstreit den USA neu entbrannt

  • Montag, 9. Januar 2017

New York – Kaum eine Debatte in den USA ist emotional so aufgeladen wie die um Ab­trei­bungen. Planned Parenthood ist dabei oft die Zielscheibe. Während der künftige US-Präsident Donald Trump angedroht hat, der Organisation die Mittel zu streichen, mobilisiert sich in New York der Widerstand.

„Ich dachte, wir hätten große Fortschritte für Frauenrechte in den letzten Jahrzehnten ge­macht“, sagte die 47-Jährige Jennifer Demeritt. Doch das Thema sei zu sehr politisiert und verstärke die tiefe Kluft zwischen Demokraten und Republikanern. „Es kann nicht sein, dass Männer über uns entscheiden. Wir müssen über unsere eigenen Körper be­stimmen dürfen.“ Demeritt spricht über eines der heißesten politischen Themen in den USA: Abtreibung.

Trotz strömenden Regens sind Demeritt und rund 650 andere New Yorker zu einer kom­plett ausverkauften Benefizveranstaltung gekommen, um die Gesundheitsorganisation Planned Parenthood (PP) zu unterstützen, die unter anderem Abtreibungskliniken be­treibt. Demeritt ist besorgt, dass betroffene Frauen drastische Einschnitte erleben könn­ten, sobald Donald Trump am 20. Januar als neuer US-Präsident ins Weiße Haus ein­zieht.

Denn der in vielen Positionen sprunghaft wirkende Republikaner hat sich mittlerweile ge­gen Abtreibungen ausgesprochen. Im Februar 2016 hatte er noch gesagt, dass PP „Milli­onen und Millionen von Frauen hilft“, die Leistungen wie Brust- und Gebärmutter­hals­krebs-Screenings nutzen. Im Wahlkampf drohte Trump dann aber, PP die Finanzierung zu entziehen. Schwangerschaftsabbrüche würde er nur in Ausnahmefällen wie Verge­walti­gung, Inzest oder Lebensgefahr für die Mutter zulassen.

Auch Eve Kayl ist deshalb verängstigt. Die Lehrerin aus New York macht sich Sorgen um ihre Krankenversicherung. „Niemand weiß, wie sich Trumps Präsidentschaft auf Frauen, Immigranten oder Minderheiten auswirken wird“, sagte sie. „Er ist unberechenbar. Doch seine Versprechen während des Wahlkampfes und seine Kabinettsnominierungen sind bereits schlechte Zeichen.“

Nicht nur Trumps Sieg, sondern auch der fest unter republikanischer Kontrolle arbeiten­de Kongress und der freie Platz für einen Richter am Supreme Court sind ein schlechtes Omen für Planned Parenthood. Mehrfach wurde die Organisation in der Vergangenheit Ziel von Abtreibungsgegnern; Einrichtungen wurden mit Vandalismus überzogen oder stehen vor der Schließung.

500 Millionen Dollar (rund 475 Millionen Euro) jährlich erhält PP von der Regierung, darf aber davon keine Gelder für Schwangerschaftsabbrüche ausgeben. Nachdem auch der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, mit einem Entzug von Geldern ge­droht hat, machten Aktivisten am vergangenen Freitag in pinken T-Shirts mobil: Eine Pe­ti­tion mit 87.000 Unterschriften brachten sie zum Kapitol. Ryan machte dicht – und schick­te ihnen Sicherheitspersonal entgegen.

Dass Schwangerschaftsabbrüche nur drei Prozent aller medizinischen Dienste von PP jährlich ausmachen, wird in dem Streit vor allem von Hardlinern gern übersehen. Außer­dem nutzen PP landesweit jedes Jahr 2,5 Millionen Männer und Frauen, die sich vorsorg­lich gegen Krebs sowie sexuell übertragbare Krankheiten untersuchen lassen. Auch Ver­hü­tungsmittel gibt es in den 650 Kliniken im Land.

Nun hofft die vor fast genau 100 Jahren gegründete Organisation auf Spenden wie bei der Benefizveranstaltung in Brooklyn, bei der an einem Abend 15.000 Dollar (14.200 Eu­ro) zusammenkamen. Allein in New York haben sich seit der Wahl im November mehr als 800 Freiwillige gemeldet, etwa ein Viertel der seitdem gemachten 315.000 Spenden an PP wurden auf den Namen von Mike Pence ausgestellt – der künftige Vizepräsident gilt als überzeugter Abtreibungsgegner.

PP-Organisator Jarrell Brandon sagt, die Unterstützung der Bevölkerung und der lokalen Regierungen sei jetzt wichtiger denn je. „Jeder Bundesstaat ist nun ein Kampfplatz für uns“, sagt er. Er setzt auf das Prinzip Hoffnung. „Wir haben viel durchgemacht in den letzten 100 Jahren, also werden wir auch die nächsten vier Jahre überstehen.“

dpa

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