Ausland

Argentinien kündigt Austritt aus Weltgesundheits­organisation an

  • Donnerstag, 6. Februar 2025
Javier Milei/picture alliance, Hans Lucas, Federico David Gross
Javier Milei /picture alliance, Hans Lucas, Federico David Gross

Buenos Aires – Nach den USA hat auch Argentinien den Austritt aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) angekündigt. „Präsident Javier Milei hat Außenminister Gerardo Werthein angewiesen, Argentinien aus der WHO zurückzuziehen“, sagte Regierungssprecher Manuel Adorni auf einer Pressekonferenz.

Als Grund nannte er tiefgreifende Differenzen in Bezug auf das Gesundheitsmanagement während der Corona­pandemie. Die Regierung von Milei warf der argentinischen Vorgängerregierung vor, in dem südamerikanischen Land den umfassendsten Lockdown der Welt verhängt zu haben.

Das führt sie auch auf Empfehlungen von der WHO zurück. Die WHO habe bei der Bekämpfung der Coronapan­demie „ewige Quarantänemaßnahmen ohne wissenschaft­liche Unterstützung gefördert“, teilte das Präsiden­tenbüro mit.

Im Januar hatte US-Präsident Donald Trump den Austritt der USA aus der WHO angeordnet. Die US-Regierung hatte im vergangenen Jahr 18 Prozent des WHO-Budgets getragen. Ein Austritt Argentiniens bringt die WHO finanziell nicht in die Bredouille wie der Schritt der USA.

Da die Beiträge sich nach der Wirtschaftskraft eines Landes richten und Argentiniens Wirtschaft am Boden liegt, ist der Pflichtbeitrag minimal: Acht Millionen Dollar, verglichen mit 260 Millionen Dollar der USA. Zudem haben die USA, anders als Argentinien, zusätzlich jedes Jahr mehrere Hundert Millionen Dollar für WHO-Gesundheits­programme gegeben.

Verheerend ist aber die Signalwirkung: praktisch jedes Land der Welt ist Mitglied der WHO, insgesamt 194 Staaten, zum Beispiel auch Nordkorea. Sollten sich andere Länder den USA und Argentinien anschließen, wäre dies ein schwerer Schlag gegen das UN-Prinzip, Probleme und Bedro­hungslagen möglichst multilateral zu meistern.

Auch Trump hatte in einem Präsidentenerlass erklärt, die Organisation habe schlecht auf die Coronapandemie reagiert und fordere unfaire Beiträge von den Vereinigten Staaten. Milei pflegt ein gutes Verhältnis zu Trump und war auch bei dessen Amtseinführung.

Zuvor traf er Trump bereits mehrfach, unter anderem im Februar und November vergangenen Jahres, jeweils am Rande der konservativen CPAC-Konferenzen. Der argentinische Staatschef strebt ein Freihandelsabkommen mit den USA an und hofft auf Trumps Unterstützung bei den Schuldenverhandlungen mit dem Internationalen Währungs­fonds (IWF).

Zu Beginn der Pandemie hatte Argentinien sehr strenge Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus verhängt. Die Ausgangsbeschränkungen galten zudem so lange wie in kaum einem anderen Land der Welt. Teilweise durften die Menschen ihre Wohnung nur für wichtige Einkäufe und Arztbesuche verlassen.

„Wir Argentinier werden es nicht zulassen, dass eine internationale Organisation in unsere Souveränität und schon gar nicht in unsere Gesundheit eingreift“, sagte Adorni. Die Maßnahme würde für das Land keinen Verlust von Mitteln bedeuten. Sie verschaffe hingegen eine größere Flexibilität bei der Umsetzung von Maßnahmen, die an die von Argentinien benötigten Interessen angepasst seien und eine größere Verfüg­barkeit von Ressourcen.

Nach den USA will Argentinien darüber hinaus Geschlechtsumwandlungen für Minderjährige verbieten. Adorni sagte, seine Regierung werde ein entsprechendes Gesetz von 2012 ändern, um „Hormonbehandlungen und Operationen zur Körperangleichung für Personen unter 18 Jahren zu verbieten“.

Adorni argumentierte, dass Behandlungen zur Geschlechtsumwandlung ein „ernsthaftes Risiko“ für die körper­liche und geistige Gesundheit von Minderjährigen darstellten. In vielen Fällen seien die Auswirkungen dieser Behandlungen und Operationen „irreversibel“.

Als Beispiele für Länder, in denen der Zugang zur Geschlechtsumwandlung für Minderjährige bereits einge­schränkt sei, nannte der Regierungssprecher Finnland, Schweden, Großbritannien und die USA.

Die Ankündigung sorgte für Empörung in der argentinischen LGBTQ-Gemeinschaft. Der Präsident könne ein Gesetz „nicht per Dekret“ ändern, erklärte der argentinische LGBT+-Verband im Onlinedienst X und kündigte an, das Vorhaben anzufechten.

Nach bisher geltendem Gesetz können Minderjährige Behandlungen zur Geschlechtsumwandlung in Anspruch nehmen, sofern ihre Erziehungsberechtigten oder eine gerichtliche Instanz zustimmen. Die englische Abkürzung LGBTQ steht für lesbisch, schwul, bisexuell, transgender und queer.

Die Entscheidung der argentinischen Regierung erfolgte eine Woche, nachdem US-Präsident Donald Trump Behandlungen zur Geschlechtsangleichung für Minderjährige unter 19 Jahren per Dekret eingeschränkt hatte.

dpa/afp

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