Ausland

Ausgabensperre der Trump-Regierung sorgt in den USA für Verwirrung

  • Mittwoch, 29. Januar 2025
Trumps Sprecherin Karoline Leavitt spricht im Weißen Haus mit Vertretern der Presse. /picture alliance, ASSOCIATED PRESS, Alex Brandon
Trumps Sprecherin Karoline Leavitt spricht im Weißen Haus mit Vertretern der Presse. /picture alliance, ASSOCIATED PRESS, Alex Brandon

Washington – Eine von der Regierung von US-Präsident Donald Trump angeordnete Haushaltssperre hat in den USA Verwirrung und Ärger ausgelöst. Mit dem drastischen Schritt soll eine Vielzahl staatlicher Zuschüsse und Darlehen eingefroren werden, wie aus der jetzt bekannt gewordenen Anordnung des Haushaltsbüros im Weißen Haus (OMB) hervorgeht.

Die oppositionellen Demokraten nannten die Sperre „verfassungswidrig“. Kurze Zeit später setzte eine US-Bundes­richterin sie laut Medienberichten vorübergehend aus. Indes bot die Regierung Bundesbediensteten die Möglich­keit an, ihren Arbeitsplatz gegen eine Abfindung aufzugeben.

Nach Klagen mehrerer Nichtregierungsorganisationen setzte Richterin Loren AliKhan die drastische Sperre dem­nach bis zum 3. Februar aus. Es bestehe die Gefahr eines „nicht wieder gutzumachenden Schadens“, sagte sie laut übereinstimmenden Medienberichten. Neben den Organisationen legten auch die Generalbundes­anwälte von mehr als 20 demokratisch regierten Staaten eine separate Klage ein, um die Anordnung zu blockieren.

Die Regierung will prüfen, welche der Ausgabenprogramme mit den „Prioritäten“ Trumps im Einklang stehen und fortgeführt werden. Vorläufig gesperrt werden sollen nach Angaben des OMB etwa Zahlungen an Nichtregie­rungsorganisationen, für die Umstellung der Energieversorgung auf klimafreundliche Energie­formen oder für Diversitäts- und Gleichstellungsprogramme.

Die Sperre könnte aber beispielsweise auch Darlehen für Kleinunternehmer und Zuschüsse für Studierende stoppen – das zweiseitige Memo des OMB ließ offen, wie weitreichend die Ausgabensperre sein soll, und stiftete deshalb viel Verwirrung.

Der Anführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, bezeichnete die Haushaltssperre als „verfassungs­widrig“ sowie „gefährlich, zerstörerisch, grausam“. Er sprach mit Blick auf staatliche Hilfen für die Bürger von einem „Dolch ins Herz der amerikanischen Durchschnittsfamilie“.

Schumer kündigte seinerseits an, dass die Demokraten gegen die Ausgabenblockade „in jeder Weise, in der wir können“, ankämpfen würden. Laut der US-Verfassung hat das Parlament und nicht die Regierung die Entschei­dungs­gewalt über den Haushalt. Zwar haben Trumps Republikaner in beiden Häusern des Kongresses die Mehr­heit. Doch die Sperre betrifft Ausgaben, die bereits vom Kongress verabschiedet worden waren.

Im Ende September zu Ende gegangenen Haushaltsjahr 2024 hatten die Förder- und Hilfsprogramme der US-Bundesregierung ein Gesamtvolumen von mehr als drei Billionen Dollar (2,9 Billionen Euro). Alle diese Ausgaben waren vom Kongress beschlossen worden.

Wie lange die Haushaltssperre gelten sollte, ließ das bereits am Montag den Bundesbehörden zugesandte Memo des OMB offen. Die „vorläufige Pause“ in den Zahlungen gebe der Regierung die Zeit, die Programme zu überprü­fen und zu entscheiden, welche von ihnen „mit dem Gesetz und den Prioritäten des Präsidenten übereinstimmen“, erklärte der amtierende OMB-Direktor Matthew Vaeth.

Er kündigte an, dass die Finanzhilfen künftig dafür verwendet werden sollten, die Lasten der Inflation abzumil­dern, die Energiewirtschaft und Industrie des Landes anzukurbeln und „die ‚Wokeness’ zu beenden“. „Wokeness“ ist ein Begriff, den rechtsgerichtete Kreise in abfälliger Weise für Programme und Initiativen zur Unterstützung von Minderheiten und Frauen verwenden. Trump hatte im Wahlkampf solche Maßnahmen als Diskriminierung weißer Männer angeprangert.

In der auf Montag datierten OMB-Anweisung sind allerdings nur einige der von der Sperre betroffenen Pro­gramme konkret aufgelistet. Wie es darin aber heißt, sind die Sozialhilfe (Social Security) und die staatliche Krankenversicherung Medicare für Senioren sowie Behinderte von der Sperre ausgenommen. Die Krankenver­sicherung Medicaid ist hingegen nach Angaben von Politikern der Demokraten von der Maßnahme betroffen.

Noch vor dem geplanten Inkrafttreten der Haushaltssperre waren die Internetportale von Medicaid nicht mehr zugänglich. Es handle sich um den „krassen Versuch, Millionen von Amerikanern über Nacht die Krankenversiche­rung zu entreißen“, mit tödlichen Folgen für Menschen, schrieb der Senator Ron Wyden aus dem Westküstenstaat Oregon im Onlinedienst X.

Die von der US-Bundesregierung und den Bundesstaaten gemeinsam finanzierte Medicaid-Fürsorge bietet Millio­nen von einkommensschwachen Menschen, Kindern, Senioren und Behinderten Krankenversicherungs­schutz.

Trumps Sprecherin Karoline Leavitt bezeichnete die Ausgabensperre als „sehr verantwortungsbewusste Maß­nahme“. Sie versicherte, die Internetseite sei bald wieder erreichbar und gab an, es sei die Aufgabe der neuen Regierung sicherzustellen, „dass über jeden Penny Rechenschaft abgelegt wird“.

Eine Frage, ob Medicaid-Empfänger vom Versicherungsschutz abgeschnitten werden sollten, beantwortete Leavitt nicht. Trumps hochrangiger Berater Stephen Miller sagte dem Sender CNN später, dass die Maßnahme nicht auf Medicaid ziele.

Trump hat sich zum Ziel gesetzt, die staatlichen Ausgaben stark zu kürzen und den Verwaltungsapparat der US-Bundesregierung zu stutzen. So hatte auch der neue Außenminister Marco Rubio bereits in der vergan­genen Woche das Einfrieren fast aller Auslandshilfen verfügt.

Per E-Mail bot die Trump-Regierung zudem gestern den Bundesbediensteten an, im Gegenzug für die Weiter­zahlung von acht Monaten ihres Gehalts ihre Stelle aufzugeben. Ein hochrangiger Verwaltungsbeamter sagte dem Sender NBC News, dass das Weiße Haus damit rechne, dass fünf bis zehn Prozent der Mitarbeiter ihren Arbeits­platz verlassen würden. Es werde von Einsparungen von rund 100 Milliarden Dollar ausgegangen.

Trump hat darüber hinaus ein Dekret unterzeichnet, das Bundesmittel für geschlechtsangleichende Behand­lun­gen bei Kindern und Jugendlichen ins Visier nimmt. Es sei künftig die „Politik der Vereinigten Staaten“, solche Ein­griffe nicht mehr zu unterstützen, zu finanzieren oder zu fördern, heißt es in dem Text. Ent­sprechen­de Behandlun­gen werden darin als „chemische und chirurgische Verstümmelung“ beschrieben.

Staatliche Versicherungsprogramme sollen nach Willen der Trump-Regierung geschlechtsangleichende Behand­lungen für Personen unter 19 Jahren künftig ausschließen. Auch Krankenhäuser und Universitäten, die Bundes­mittel erhalten, müssten solche Eingriffe einstellen. Das Justizministerium wurde beauftragt, Maßnahmen zur Umsetzung des Dekrets einzuleiten. Es ist davon auszugehen, dass es juristisch angefochten wird.

Geschlechtsangleichende Behandlungen bei Minderjährigen sind in den USA extrem selten und unterliegen bereits jetzt strengen medizinischen und rechtlichen Auflagen. Ohne die Zustimmung der Eltern ist ein Zugang in den meisten Fällen nicht möglich.

Die medizinischen Leitlinien der World Professional Association for Transgender Health (WPATH) – einer interna­tional anerkannten Fachorganisation aus Ärzten, Psychologen und Forschenden – wurden in dem Dekret als „junk science“ (sinngemäß: „Pseudo-Wissenschaft“) abgewertet. Bundesbehörden wurden angewie­sen, sich davon zu distanzieren.

afp/dpa

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