Ausland

Britischer Skandal um infizierte Blutkonserven sollte vertuscht werden

  • Dienstag, 21. Mai 2024
Nach der Veröffentlichung des Untersuchungsberichts über infiziertes Blut versammeln sich Menschen mit Bildern von Angehörigen vor der Central Hall in Westminster in London. /picture alliance, ASSOCIATED PRESS, Jeff Moore
Nach der Veröffentlichung des Untersuchungsberichts über infiziertes Blut versammeln sich Menschen mit Bildern von Angehörigen vor der Central Hall in Westminster in London. /picture alliance, ASSOCIATED PRESS, Jeff Moore

London – Ein Skandal um infizierte Blutkonserven in Großbritannien mit mehr als 3.000 Toten hätte weitge­hend vermieden werden können. Ein gestern veröffentlichter Untersuchungsbericht kommt zu dem Ergebnis, es habe eine weitverbreitete Vertuschung gegeben, um die Wahrheit zu verbergen.

Regierungsbeamte hätten Dokumente vernichtet, Patienten seien wissentlich inakzeptablen Infektionsrisiken ausgesetzt gewesen. Opfergruppen begrüßten den Bericht.

Es wird erwartet, dass die Regierung den Opfern mehrere Milliarden Pfund Schadenersatz zuerkennen wird. Premierminister Rishi Sunak versprach gestern im Parlament „umfassende Entschädigung“. „Ich möchte mich von ganzem Herzen und uneingeschränkt entschuldigen für diese furchtbare Ungerechtigkeit“, sagte der kon­servative Regierungschef im Unterhaus.

Schon in den kommenden drei Monaten sollten viele Opfer weiteren vorläufige Entschädigungszahlungen in Höhe von 210.000 Pfund (mehr als 245.000 Euro) erhalten, sagte das zuständige Kabinettsmitglied John Glen heute im Parlament in London. Eine Gesamtsumme nannte der konservative Politiker nicht. Medienberichten zufolge hat die Regierung aber mindestens zehn Milliarden Pfund (11,7 Milliarden Euro) vorgemerkt.

Im größten Behandlungsskandal des britischen Gesundheitsdiensts NHS hatten in den 1970er- und 1980er-Jahren bis zu 30.000 Menschen kontaminierte Blutprodukte erhalten. Mehr als 3.000 Menschen starben, nach­dem sie sich bei Bluttransfusionen oder Behandlungen mit HIV oder Hepatitis C infiziert hatten.

Die Katastrophe sei kein Zufall gewesen, sagte der Chef der Untersuchungs­kommission, Brian Langstaff, vor Journalisten. „Menschen haben darauf vertraut, dass Ärzte und die Regierung für ihre Sicherheit sorgen, und dieses Vertrauen wurde missbraucht.“

Der mehr als 2.500 Seiten lange Bericht der „Infected Blood Inquiry“ prangert einen „Katalog des Versagens“ an. Die Folgen seien nicht nur für die infizierten Menschen, sondern auch für ihre Angehörigen katastrophal gewesen, sagte Langstaff. Die Katastrophe dauere an, weil weiterhin jede Woche Patienten stürben, die „lebenszerstörende“ Infektionen erlitten hätten.

Behauptungen verschiedener Regierungen, dass Patienten damals die beste medizinische Behandlung erhiel­ten und Blutuntersuchungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt eingeführt worden seien, seien unwahr, sagte Langstaff. Die Wahrheit sei jahrzehntelang verschwiegen worden und es gebe Beweise, dass Unterlagen des Gesundheitsministeriums zur Vernichtung markiert worden seien.

dpa

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