Chiles Verfassungsgericht billigt Lockerung des Abtreibungsverbots
Santiago de Chile – Das chilenische Verfassungsgericht hat die Lockerung des strikten Abtreibungsverbots gebilligt. Mit sechs zu vier Stimmen lehnte das Gericht in dem katholisch geprägten Land gestern zwei von rechten Parteien angestrengte Anfechtungsklagen gegen die kürzlich vom Parlament gebilligte Reform ab.
Demnach ist eine Schwangerschaftsunterbrechung in drei Ausnahmefällen erlaubt: bei Vergewaltigung, Lebensgefahr für die Mutter und tödlichen Erkrankungen des Fötus. „Hiermit haben wir, die Frauen Chiles, ein Grundrecht wiedergewonnen, um vor extremen Fällen selbst entscheiden zu können“, erklärte die sozialistische Staatschefin Michelle Bachelet nach Bekanntgabe des Richterspruchs.
Dutzende Befürworter der Reform begrüßten die Entscheidung am Sitz des Verfassungsgerichts in Santiago de Chile mit Beifall und Freudenrufen. Sie dankten der Ärztin und Staatschefin Bachelet von der Sozialistischen Partei für ihren Einsatz zugunsten der Reform. Gegendemonstranten stießen Flüche aus und beschimpften die Befürworter des neuen Gesetzes als „Mörder“.
Der Gesetzentwurf war mehr als zwei Jahre lang in Arbeit. Umfragen zufolge unterstützen ihn 70 Prozent der Bevölkerung. Damit er zum Gesetz wird, bedarf es noch der Unterschrift von Bachelet.
Bislang standen in Chile – weltweit eines der Länder mit dem striktesten Abtreibungsverbot – auch die jetzt legalisierten sogenannten therapeutischen Schwangerschaftsunterbrechungen unter Strafe. Bis 1989 waren therapeutische Abtreibungen im Fall von nicht lebensfähigen Föten oder bei Gefahr für das Leben der Schwangeren erlaubt. Erst 1990, im letzten Jahr der Militärdiktatur unter General Augusto Pinochet, wurde auch die therapeutische Schwangerschaftsunterbrechung kriminalisiert.
Nach Angaben des Gesundheitsministeriums werden in Chile jährlich 33.000 illegale Abtreibungen durchgeführt.
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