Coronakrise: Proteste in mehreren Ländern

Berlin – Erneut haben in mehreren Ländern weltweit zehntausende Menschen gegen verschärfte Coronaregeln demonstriert. Proteste gab es etwa in Italien, Australien und Griechenland. In Brasilien gingen die Menschen hingegen für mehr Maßnahmen gegen SARS-CoV-2 auf die Straße.
In Italien demonstrierten vorgestern tausende Menschen gegen die Einführung eines obligatorischen Gesundheitspasses für den Zugang zu Innenräumen von Bars und Restaurants sowie Freizeiteinrichtungen.
„Freiheit“ und „Nieder mit der Diktatur“ skandierten die Demonstranten, die italienische Flaggen schwenkten und mehrheitlich keine Masken trugen. Proteste fanden unter anderem in Rom, Neapel, Turin und Mailand statt. In Genua trugen Demonstranten gelbe Judensterne, auf denen „ungeimpft“ stand.
Das als „grüner Pass“ bekannte Dokument wird in Italien an Menschen ausgegeben, die ihre erste Coronaimpfdosis erhalten haben, von COVID-19 genesen sind oder in den 48 Stunden zuvor negativ getestet wurden. Seit der Bekanntgabe der Maßnahme am vergangenen Donnerstag stiegen die Buchungen von Impfterminen in einigen kleineren Regionen nach Behördenangaben um 200 Prozent.
In Australien beteiligten sich vorgestern tausende Menschen an Protestmärschen. In Sydney wurden dutzende Demonstranten festgenommen, die sich an einer nicht genehmigten Demo gegen die Lockdownmaßnahmen beteiligten und Polizisten mit Flaschen und anderen Gegenständen bewarfen.
Auch in Melbourne gingen tausende Menschen trotz eines coronabedingten Versammlungs- und Reiseverbots auf die Straße, die meisten ohne Maske. Nur elf Prozent der Australier sind bislang vollständig gegen das Coronavirus geimpft.
In der griechischen Hauptstadt Athen demonstrierten vorgestern rund 5.000 Impfgegner mit Parolen wie „Hände weg von unseren Kindern“.
In Brasilien gingen hingegen Tausende Menschen gegen die Regierung des rechten Staatschefs Jair Bolsonaro auf die Straße. Bei Demonstrationen im ganzen Land forderten sie ein Amtsenthebungsverfahren gegen Bolsonaro, mehr Impfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 und wirtschaftliche Hilfen in der Pandemie, wie das Nachrichtenportal G1 berichtete.
Zu Protesten kam es in mindestens 27 Provinzhauptstädten, darunter Rio de Janeiro, São Paulo, Recife und Salvador sowie in der Hauptstadt Brasília. Nach Protesten im Januar, Mai, Juni und Anfang Juli war dies bereits das fünfte Mal, dass die Menschen im ganzen Land gegen Bolsonaro auf die Straßen gingen.
Zu den Demonstrationen hatten Gewerkschaften und linke Gruppen aufgerufen. Auf Transparenten war zu lesen: „Bolsonaro – korrupter Völkermörder. Amtsenthebung jetzt“ und „Wir wollen Impfungen, er Schmiergeld. Weg mit Bolsonaro“. Größtenteils blieben die Demonstrationen friedlich. In São Paulo kam es am Rande allerdings zu Randale und Demonstranten schlugen die Scheiben von Geschäften ein.
Die Zustimmung zu Bolsonaros Amtsführung sinkt immer mehr. Anfang des Monats lehnten 51 Prozent der Befragten die Politik des Präsidenten in einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Datafolha ab. Das war das schlechteste Ergebnis seit Bolsonaros Amtsantritt 2019.
Die Regierung von Präsident Bolsonaro verharmloste die Pandemie von Anfang an und stemmte sich mit Verweis auf die wirtschaftlichen Folgen gegen harte Ausgangsbeschränkungen. Zuletzt zog Bolsonaro auch den Sinn von Impfungen in Zweifel. Mittlerweile prüft ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss Bolsonaros Krisenmanagement in der Pandemie.
Brasilien gehört zu den am stärksten von der Coronapandemie betroffenen Ländern. Bislang haben sich fast 20 Millionen Menschen mit dem Virus infiziert. Jeden Tag kommen im Durchschnitt etwa 50.000 Neuinfektionen hinzu. Fast 550.000 Patienten sind im Zusammenhang mit COVID-19 gestorben – mehr Tote gibt es nach absoluten Zahlen nur in den USA.
In Brasilien sind seit Beginn der landesweiten Impfkampagne im Januar mehr als 130 Millionen Impfdosen verabreicht worden. Etwa 40 Prozent der erwachsenen Brasilianer haben eine Einzeldosis erhalten, rund 17 Prozent sind vollständig geimpft. Angesichts fehlender Impfdosen setzten die brasilianische Metropole Rio de Janeiro und andere wichtige Städte allerdings zuletzt erneut die Erstimpfungen gegen das Coronavirus aus.
Die Kritik der Demonstranten reichte am vergangenen Samstag allerdings über das Coronakrisenmanagement hinaus. Unter anderem richteten sich die Proteste gegen die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen. Die Menschen verlangten zudem mehr Anstrengungen im Kampf gegen den Hunger und die Umweltzerstörung sowie die Achtung der Rechte indigener Völker.
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