Erste Hilfe für Migranten in Belarus: Medizinische Notsituation

Genf/Kopenhagen – Nach einer Zuspitzung der humanitären Lage an der polnisch-belarussischen Grenze im Laufe dieser Woche haben nun die ersten Hilfsorganisationen Zugang zu den gestrandeten Migranten erhalten.
Humanitäre Helfer der Vereinten Nationen sowie Vertreter der Internationalen Organisation für Migration (IOM) konnten gestern erste Nothilfe in ein Behelfscamp auf belarussischer Seite am Grenzübergang Kuznica-Bruzgi bringen, wie das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR heute mitteilte. Das Belarussische Rote Kreuz liefere unterdessen notwendige Güter wie Decken und warme Kleidung für Kinder.
Vorrang habe jetzt, den Tod weiterer Menschen zu verhindern und die Behörden dazu zu bewegen, die Migranten an sichere Orte zu bringen, wo sie angemessene Hilfe und Beratung finden können, erklärte das UNHCR.
Unter anderen informierten die Mitarbeiter die Gestrandeten über ihre Möglichkeiten, etwa Asylanträge in Belarus. Einige Asylsuchende und Flüchtlinge hätten aber möglicherweise auch Gründe für eine Einreise in die EU, etwa weil schon Familienangehörige dort seien. Eine andere Option sei eine freiwillige Rückkehr mit Hilfe der IOM auf einem sicheren und legalen Reiseweg.
Die Zahl der Flüchtlinge an der Grenze zwischen Polen und Belarus hat zuletzt zugenommen. Schätzungen zufolge sitzen inzwischen mindestens 3.000 Migranten unter schwierigen Bedingungen im Grenzgebiet fest.
Polen und die EU werfen Belarus vor, Zehntausende Menschen aus Krisenländern im Nahen Osten und anderswo per Flugzeug nach Minsk und dann an die Grenze zu den EU-Staaten Polen, Litauen und Lettland gebracht zu haben. Machthaber Alexander Lukaschenko reagiere damit auf Sanktionen gegen sein Land und versuche, die EU zu destabilisieren, heißt es.
Die polnische Regierung hatte wegen der sich zuspitzenden Flüchtlingssituation bereits Anfang September den Notstand in einem etwa drei Kilometer breiten Streifen entlang der mehr als 400 Kilometer langen Grenze zu Belarus ausgerufen. Hilfsorganisationen und Journalisten dürfen die Notstandsgemeinden seither nicht mehr betreten.
Derweil warnte die Weltgesundheitsorganisationen (WHO) vor einer Gesundheitskrise unter den Migranten. Die Menschen im Grenzgebiet, darunter auch Frauen und Kinder, müssten derzeit ohne Schutz vor Kälte ihre Nächte im Freien verbringen. Hinzu komme außerdem ein beunruhigender Anstieg von COVID-19-Erkrankungen in der Region.
In dieser Notlage, brauche es dringend auch eine medizinische Versorgung, betonte die WHO. Untersuchungen eines WHO-Teams unter den in Litauen angekommenen Flüchtlingen hatten demnach gezeigt, dass rund 60 Prozent der Migranten dringend auf medizinische Maßnahmen angewiesen seien.
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