Erste Luftwaffen-Hilfsflüge in die Türkei gestartet

Wunstorf – Die ersten drei Hilfsflüge der Bundesluftwaffe in das Erdbebengebiet in der Türkei sind heute vom Militärflughafen Wunstorf bei Hannover aus gestartet. Das Ziel war der Flughafen bei der südtürkischen Stadt Gaziantep.
„Wir haben uns darauf vorbereitet, mit drei Maschinen jeden Tag zu fliegen, bis in die nächste Woche hinein“, sagte Oberst Christian John, Kommodore des Lufttransportgeschwaders 62. Es hänge davon ab, wie viele Hilfsgüter angeliefert würden.
Die drei Flugzeuge vom Typ Airbus A 400M waren mit insgesamt 50 Tonnen Hilfsgütern beladen worden, die vom Technischen Hilfswerk Baden-Württemberg nach Wunstorf gebracht wurden. Knapp 2.000 Feldbetten, Schlafsäcke und Decken wurden damit in die Türkei geflogen.
Auch Zelte, Heizgeräte und Isomatten wurden in das Krisengebiet gebracht. Die türkische Regierung habe Materialien zur Unterbringung der vom Erdbeben betroffenen Bevölkerung bei der Bundesregierung angefordert, sagte der Präsident des THW, Gerd Friedsam.
Das Innenministerium in Hannover hatte ebenfalls angekündigt, unter anderem 15.000 Feldbetten, 5.000 Decken, 4.000 Sets Bekleidung, 50 Zentralheizungen sowie 50 winterfeste Zelte in das Erdbebengebiet zu liefern. Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) versprach, weitere staatliche Hilfsersuchen umgehend zu prüfen und in jeder möglichen Weise zu helfen.
Laut dem Bündnis Aktion Deutschland Hilft sind etwa 20 Organisationen vor Ort im Einsatz und verteilen Lebensmittel, Babynahrung, Trinkwasser, Hygienebedarf sowie gegen die Winterkälte Zelte, Decken, Thermobekleidung, Matratzen und Heizstrahler. Die Johanniter haben inzwischen ebenfalls nach eigenen Angaben ein Nothilfeteam im türkischen Katastrophengebiet.
Frankreich sagte unterdessen eine Nothilfe in Höhe von zwölf Millionen Euro auch für Syrien zu. Nach Angaben von Außenamtssprecher François Delmas soll das Geld an die Vereinten Nationen sowie an französische und internationale Nichtregierungsorganisationen gehen, um Hilfe bei Unterbringung, Ernährung und medizinischer Versorgung von Betroffenen zu leisten. Die Hilfe ändere aber nichts an Frankreichs Politik gegenüber Machthaber al-Assad, betonte Delmas.
Hoffnung schwindet
Mit einer Stärke von 7,7 hatte das Beben am frühen Montagmorgen das Gebiet an der Grenze zwischen der Türkei und Syrien erschüttert. Am Montagmittag folgte ein weiteres Beben der Stärke 7,6 in derselben Region.
Bis heute Mittag meldeten Behörden und Rettungskräfte in beiden Ländern mehr als 20.000 Todesopfer – und ständig werden es mehr. Allein in der Türkei stieg die Zahl der Opfer auf rund 17.000. In Syrien meldeten die Behörden weitere mehr als 3.300 Tote.
Rettungskräfte in beiden Ländern versuchten bei weiter eisigen Temperaturen verzweifelt, noch mögliche Überlebende zu finden. Die Suche wird aber immer mehr zu einem Wettlauf gegen die Zeit: Aus den Erfahrungen vergangener Katastrophen ist bekannt, dass ungefähr nach 72 Stunden die Wahrscheinlichkeit, noch Überlebende zu finden, dramatisch sinkt. Diese Zeitspanne verstrich am Donnerstagmorgen.
Die ohnehin schwierige Lage für Rettungskräfte und Hilfslieferungen vor Ort wird in Syrien zusätzlich durch die politisch heikle Situation erschwert. Das Katastrophengebiet ist dort in von Damaskus kontrollierte Gebiete und Territorien unter der Kontrolle von Rebellen geteilt.
Hilfsgüter gelangen lediglich über einen offenen Grenzübergang von der Türkei aus in die betroffenen Gebiete im Norden des Landes – und bislang war befürchtet worden, dass Machthaber Baschar al-Assad die Lieferungen nur in Gebiete unter Kontrolle seiner Regierung lässt. Heute erreichte der erste Hilfskonvoi den von Rebellen kontrollierten Nordwesten Syriens.
Angesichts der Notsituation dringt unter anderem Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) auf eine Öffnung von weiteren Grenzübergängen. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavosoglu kündigte an, zwei weitere Übergänge zu öffnen. Aus „humanitären Gründen“ könnten auch Übergänge geöffnet werden, die unter Kontrolle von Damaskus stehen.
Das ganze Ausmaß der Zerstörungen ist weiterhin nicht abzusehen. Nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) könnten bis zu 23 Millionen Menschen von den Folgen des Bebens betroffen sein. Sie befürchtet vor allem, die Rückkehr der Cholera vor wenigen Monaten im Bürgerkriegsland Syrien könnte sich nun zu einer Epidemie ausweiten.
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