Erster Fall von H5N1 bei Schwein in USA festgestellt

Washington – Die hochpathogene Vogelgrippe H5N1 ist in den USA erstmals bei einem Schwein gefunden worden. Das Tier stammte aus einer nicht kommerziellen Haltung im US-Bundesstaat Oregon, wo wenige Tage zuvor bereits Geflügel positiv getestet wurde, wie das US-Landwirtschaftsministerium (USDA) gestern bekanntgab.
Das infizierte Schwein habe keine Symptome gezeigt. Insgesamt lebten den Behördenangaben zufolge fünf Schweine auf dem Hof, die auch zwecks weiterer Untersuchungen getötet wurden. Bei zwei Schweinen seien Testergebnisse negativ ausgefallen, bei zwei weiteren Schweinen stünden sie noch aus, hieß es.
„Die Infektion eines Schweines mit H5N1 stellt nach bisherigen Informationen ein Einzelereignis dar“, teilte das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) heute auf Anfrage dem Deutschen Ärzteblatt mit. Solche einzelnen Spillover-Infektionen bei hoher Viruslast in der Umwelt kämen selten vor und seien auch schon in Europa beobachtet worden.
Durch die Tötung der Tiere könne dort auch keine Infektkette entstehen, so das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit weiter. „Weitere Untersuchungen laufen.“
Ein Forschungsteam des FLI hatte vergangenes Jahr nach Versuchen mit acht Schweinen berichtet, dass die Tiere wenig empfänglich für H5N1 (Klade 2.3.4.4b, Genotyp Ger-10.21-N1.5) gewesen seien.
Im Journal Emerging Infectious Diseases wiesen sie angesichts der laufenden massiven Ausbreitung des Virus in der Tierwelt aber auch auf das Risiko des Entstehens neuer Genotypen hin, durch die sich dies ändern könnte (DOI: 10.3201/eid2907.230296).
Bisher wird der Genotyp des Vogelgrippevirus aus Oregon nicht in den offiziellen Angaben genannt. Seit Monaten bereitet Klade 2.3.4.4b/ Genotyp B3.13 etlichen US-Milchviehbetrieben und Geflügelhaltungen Probleme.
Jüngst war in Betrieben mit Geflügel aber auch noch ein anderer Genotyp nachgewiesen worden, wie US-Behörden vergangene Woche erklärten. Wie nun die Los Angeles Times berichtet, soll es sich auch im Fall des Schweins nicht um um B3.13, sondern um D1 handeln, der wahrscheinlich von Zugvögeln stamme.
Knapp 40 Menschen in USA bisher mit Vogelgrippe infiziert
Fachleute sind seit Längerem besorgt über die Ausbreitung der Vogelgrippe und die zunehmende Verbreitung bei Säugetieren. Befürchtet wird, dass dem Virus früher oder später über verschiedene Zwischenwirte eine bessere Anpassung an den Menschen gelingt.
Bisher steckten sich in diesem Jahr 39 Menschen in den USA mit Vogelgrippe an, fast immer nach Kontakt zu infizierten Milchkühen oder Geflügel. Die Zahl ist in den vergangenen Wochen deutlich gestiegen.
Schweine könnten bei der Anpassung an den Menschen besonders relevant sein. Sie gelten als „mixing vessel“ (Mischgefäß) für Grippeviren. Sie können sich mit Vogel-, Menschen- und Schweine-Influenzaviren anstecken, wie das Robert-Koch-Institut (RKI) auf seiner Webseite schreibt.
„Ihre Zellen im Atmungstrakt können daher mit unterschiedlichen Viren gleichzeitig infiziert sein – und neue Viren (Reassortanten) hervorbringen“, so das RKI. Schweine spielten auch eine Rolle bei der H1N1-Grippepandemie 2009.
Die Sequenzierung des Virus, mit dem das Geflügel auf der Farm in Oregon infiziert war, habe keine Veränderungen gezeigt, die eine höhere Übertragbarkeit auf den Menschen nahelegten, erklärte das US-Landwirtschaftsministerium.
Ob das auch im Fall des Schweins gilt, blieb zunächst offen. In US-Medien werteten es mehrere Wissenschaftler zunächst positiv, dass nun nur ein kleiner Hof und nicht etwa eine Massentierhaltung betroffen ist.
Bei Kühen ist erst durch die Entwicklung in den USA in diesem Frühjahr bekannt geworden, dass sie mit H5N1 infiziert werden können. Forschende waren von den Befunden überrascht worden.
Ausweitung der Tests von Milch auf H5N1 geplant
Auch wenn die bisherigen Krankheitsverläufe bei Menschen als mild beschrieben werden, kritisieren vor allem Expertinnen und Experten in Europa die Eindämmungsmaßnahmen in den USA schon lange als nicht ausreichend. Nun soll sich diesbezüglich etwas verändern: Das US-Landwirtschaftsministerium teilte gestern mit, dass das Testen auf H5N1 verbessert werden soll.
Geplant sei eine mehrstufige Strategie zur Entnahme von Milchproben, um besser beurteilen zu können, wo das Virus vorkommt. Zunächst sollen Milchproben auf regionaler Ebene getestet werden, und wenn nötig auch auf Betriebsebene, bis Herden in der Umgebung als virusfrei eingestuft sind.
Seit Mai gilt bereits eine Regelung, dass Kühe vor dem Transport über Staatengrenzen hinweg getestet werden müssen. Obwohl die Zahl der nachweislich derzeit von H5N1 betroffenen Staaten inzwischen auf zwei gesunken sei, hält das Ministerium nach eigenen Angaben nun zusätzliche Schritte für nötig, um effektive Biosicherheitsmaßnahmen proaktiv zu unterstützen.
Das Ministerium betonte außerdem, dass es die schnelle Entwicklung und rechtzeitige Zulassung von H5N1-Impfstoffen unterstütze, unter anderem für Milchkühe. Zwei Impfstoffkandidaten für Milchkühe würden derzeit erprobt. H5N1-Impfungen für Menschen stehen nach Angaben aus US-Behördenkreisen von vergangener Woche bisher nicht zur Debatte.
Bei der Diskussion um die H5N1-Ausbreitung in den USA spielt die Lebensmittelsicherheit eine große Rolle. Vom Konsum von Rohmilch etwa raten die Behörden dringend ab.
Zu den Schweinen aus Oregon hieß es nun, sie seien nicht für die kommerzielle Lebensmittelversorgung bestimmt gewesen. Es gebe anhand des Befundes keine Bedenken bezüglich der Sicherheit der Versorgung mit Schweinefleisch in den USA.
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