Ausland

Frankreich stoppt Einsatz von Hydroxychloroquin gegen SARS-CoV-2

  • Mittwoch, 27. Mai 2020
/David, stock.adobe.com
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Bordeaux − Frankreich hat heute den Einsatz des Malariamittels Hydroxychloroquin ge­gen das Coronavirus SARS-CoV-2 untersagt. Die Regierung in Paris reagierte damit auf Studien, die massive Nebenwirkungen offenbart hatten. Auch die Weltgesundheits­orga­nisation (WHO) hatte ihre klinischen Tests mit dem Mittel ausgesetzt. Dagegen empfiehlt die oberste biomedizinische Forschungseinrichtung in Indien den Wirkstoff nun offiziell zur Vorbeugung gegen das­ Virus.

Seit Ende März konnten Krankenhäuser in Frankreich Hydroxychloroquin bei besonders schwer erkrankten Coronapatienten unter strengen Auflagen einsetzen. Bei einigen Pa­tien­ten wurden jedoch schwere Nebenwirkungen wie Herzrhythmusstörungen festge­stellt, die bis zum Tod führen können. Die Arzneimittelbehörde stoppte die Anwendung daraufhin.

Die WHO hatte bereits vorgestern bekanntgegeben, ihre klinischen Tests von Hydroxy­chloroquin wegen Sicherheitsbedenken vorübergehend gestoppt zu haben. Die Ent­schei­dung fiel demnach aufgrund einer Studie in der Fachzeitschrift The Lancet, wonach eine Behandlung mit dem Mittel möglicherweise die Sterblichkeitsrate erhöht.

Für die Studie hatten Forscher der Harvard Medical School in Boston und des Universi­täts­spitals Zürich die Daten von 96.000 Patienten in hunderten Krankenhäusern weltweit ausgewertet. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass Hydroxychloroquin sowie der verwandte Wirkstoff Chloroquin nicht nur keinen Nutzen bei COVID-19-Patienten haben, sondern möglicherweise wegen schwerer Nebenwirkungen sogar das Sterberisiko erhöhten.

Hydroxychloroquin und Chloroquin werden seit langem als Mittel gegen Malaria einge­setzt. Ihre Wirksamkeit bei der Behandlung von Patienten mit der von SARS-CoV-2 ausge­lösten Atemwegserkrankung COVID-19 ist hingegen nicht erst seit der Studie im Lancet umstritten. Dennoch priesen die Regierungen mehrerer Länder in den vergangenen Wo­chen und Monaten Hydroxychloroquin als Mittel gegen das Coronavirus an.

US-Präsident Donald Trump lobte das Medikament und teilte mit, er nehme es zur Vor­beugung gegen das Coronavirus ein. Am Sonntag sagte Trump dann allerdings in einem Interview, er habe die Einnahme des Mittels inzwischen beendet. Auch Brasiliens Präsi­dent Jair Bolsonaro rühmte Hydroxychloroquin. Nach den Warnungen der WHO teilte das Gesundheitsministerium in Brasília vorgestern mit, es empfehle das Mittel weiterhin ge­gen COVID-19.

Auch in Algerien soll das Mittel ebenfalls weiterhin bei COVID-Patienten eingesetzt wer­den. „Wir haben keine unerwünschten Nebenwirkungen festgestellt“, sagte das Mitglied des beratenden Wissenschaftsgremiums, Ärzteverbandschef Mohamed Bekkat, gestern.

Der beim Kampf der indischen Regierung gegen die Pandemie federführende Rat für Me­dizinische Forschung (ICMR) empfiehlt seit gestern auch offiziell die Einnahme von Hy­dro­xychloroquin zur Vorbeugung gegen das Coronavirus. Das Malariamedikament verur­sache „keinen Schaden“ und „könne vielleicht Nutzen haben“, sagte ICMR-Generaldirekor Balram Bhargava.

Personal des Gesundheitswesens soll nach den Vorgaben des ICMR das Malariamittel bis zu mehrere Wochen lang einnehmen, allerdings unter strenger medizinischer Aufsicht. Aus Indien kommen 70 Prozent der weltweiten Produktion von Hydroxy­chloroquin. In dem Land wurden bis gestern 145.380 Coronainfektionsfälle sowie 4.167 Todesfälle verzeichnet.

afp

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